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Sterbehilfe: Ermutigung zum Suizid?

Fünf Bundesländer wollen organisierte Sterbehilfe bestraft sehen. Die Materie ist kompliziert: Was ist aktive und was ist passive Sterbehilfe - was indirekte Sterbehilfe und was Beihilfe zum Suizid? Ein Überblick zur aktuellen Lage.

Wer einen neuen Strafrechtsparagrafen will, muss das eindrucksvoll begründen. „In Deutschland zeichnen sich mit erheblichen Gefahren verbundene Entwicklungen ab, die zum Ziel haben, Suizidbeihilfe in gewerblicher und/oder organisierter Form anzubieten“, warnen Rechts- und Gesundheitsausschuss des Bundesrats. Konkret drohten drei Gefahren, heißt es in ihrer Stellungnahme: die Ermutigung von Menschen in „momentaner Verzweiflungssituation“ zum Suizid, gesellschaftlicher Druck auf Alte und Kranke sowie Geschäftemacherei mit menschlichem Leid.

Auf Wunsch Hessens, des Saarlandes, Thüringens, Bayerns und Baden-Württembergs soll mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden, „wer ein Gewerbe betreibt oder eine Vereinigung gründet, deren Zweck oder Tätigkeit darauf gerichtet ist, anderen die Gelegenheit zur Selbsttötung zu gewähren oder zu verschaffen“. Strafe soll auch demjenigen drohen, der für einen solchen Verein „als Mitglied oder Außenstehender geistig oder wirtschaftlich eine maßgebende Rolle spielt.“

Der Vorschlag für einen neuen Paragraphen 217, über den heute der Bundesrat abstimmt, gefällt nicht allen. Rheinland- Pfalz findet den Vorstoß „überzogen und unverhältnismäßig“, NRW wiederum geht er nicht weit genug. Niedersachsens FDP sorgt sich bei einem solchen Straftatbestand um Hospizvereinigungen und Palliativmedizin – obwohl die Deutsche Hospizstiftung dies als Unsinn abtut. Und Schleswig-Holsteins Justizminister Uwe Döring (SPD) spricht wegen der Drohung für geistige Köpfe von Sterbehilfevereinen von „Gesinnungsstrafrecht“.

Tatsächlich ist die Materie kompliziert. Eindeutig strafbar ist bislang einzig die aktive Sterbehilfe. Diese sogenannte „Tötung auf Verlangen“ wird mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft, und daran will auch keiner rühren. Die passive Sterbehilfe bezeichnet den Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen, etwa künstlicher Beatmung. Sie ist zulässig, wenn sich der Patient im Endstadium einer unheilbaren Krankheit und bereits im Sterben befindet. Allerdings muss der Behandlungsstopp seinem mutmaßlichen oder zuvor erklärten Willen entsprechen. Bei Zweifeln müssen sich die Ärzte um Lebensverlängerung bemühen. Umstritten ist, ob Ärzten ein vom Patienten vorher verfügter Behandlungsabbruch auch dann erlaubt oder sogar geboten ist, wenn die Krankheit noch nicht unumkehrbar tödlich verläuft. Erlaubt ist, wenn es dem Patientenwillen entspricht, auch indirekte Sterbehilfe. Darunter versteht man etwa die Gabe besonders starker Schmerzmittel unter Inkaufnahme eines schnelleren Todes. Das Problem dabei: Die Grenzen zur aktiven Sterbehilfe sind fließend.

Bleibt noch die Beihilfe zum Suizid, mit der sich nun die Strafrechtsexperten herumplagen müssen. Da Selbsttötung hierzulande nicht verboten ist, darf auch dabei geholfen werden, etwa durch Beratung oder Beschaffung tödlicher Medikamente. Ist der Sterbehelfer im Moment des Suizids dabei, kann er jedoch wegen unterlassener Hilfeleistung belangt werden. Ärzten ist die Mitwirkung an einem geplanten Suizid per Standesrecht untersagt. 

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