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Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil hat am Dienstag ein eigenes Steuerkonzept vorgestellt und den eigenen Kanzlerkandidaten Martin Schulz damit offensichtlich überrascht.

© Peter Steffen/dpa

Steuerpläne: Weils Konzept ist eine verkappte Steuererhöhung

Ministerpräsident Weil verspricht den Solidaritätszuschlag abzuschaffen, in Wahrheit plant er eine Steuererhöhung zu Gunsten der Bundesländer. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Til Knipper

Eingeführt wurde er einst zur Finanzierung des ersten Golfkriegs. Der Fokus auf die Finanzierung der deutschen Einheit wurde erst später gesetzt. Abschaffungsversuche gab es schon mehrere. Und entgegen einem weitverbreiteten Vorurteil zahlen ihn auch die Ostdeutschen. Seit Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil gestern, offenbar ohne Absprache mit seinem Kanzlerkandidat Martin Schulz, sein eigenes Steuerkonzept vorgestellt hat, ist er wieder in aller Munde: der Solidaritätszuschlag.

Stephan Weil will die umstrittene Ergänzungsabgabe ab dem Jahr 2020 teilweise abschaffen und ansonsten in der Einkommensteuer aufgehen lassen. Begrüßenswert erscheint sein Vorschlag deswegen, weil der Soli, wie er verniedlichend getauft wurde, von Anfang an sozial ungerecht war. Denn er belastet alle Einkommensgruppen mit 5,5 Prozent der festgelegten Einkommen- oder Körperschaftssteuer gleich hoch.

Eine Umsetzung von Weils Vorschlag würde auch dazu führen, dass die Einnahmen aus dem Soli gerechter verteilt werden, weil sie nicht mehr wie bisher allein dem Bund zufließen. Die Einkommensteuer teilen sich Bund und Länder nämlich zu je 42,5 Prozent, der Rest geht an die Kommunen.

Aber bei genauerer Betrachtung sind Weils Pläne gar keine Entlastung der Steuerzahler, es handelt sich vielmehr um eine verkappte Steuererhöhung. Denn spätestens 2019, wenn der Solidarpakt II ausläuft, lässt sich die Ergänzungsabgabe verfassungsrechtlich nicht mehr rechtfertigen. Solche Abgaben dürfen laut Gesetz nur zur Abdeckung einer Bedarfsspitze oder für besondere Notfälle erhoben werden. 27 Jahre nach der Deutschen Einheit und angesichts eines seit 2014 ausgeglichenen Bundeshaushalts liegen die Voraussetzungen für die Erhebung des Soli in seiner bisherigen Form beim besten Willen nicht mehr vor.

Die Integration des Soli in die Einkommensteuer ist nun der plumpe Versuch Weils, die zeitlich befristeten Einnahmen des Soli in Höhe von jährlich 20 Milliarden Euro für den Staat zu verstetigen.

So dreist sind nicht mal die Pläne von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Mister Schwarze Null hatte vorgeschlagen, den Solidaritätszuschlag ab dem 1. Januar in elf gleichmäßigen Raten bis zum 1. Januar 2030 abzuschaffen – wohl auch, um zu erwartenden Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vorzubeugen.

Ob Weils weitere Steuervorschläge, die Entlastungen der niedrigen und mittleren Einkommen vorsehen, der SPD Stimmen bei der Bundestagswahl bringen werden, ist ebenfalls zweifelhaft. Denn mit einem Volumen von zehn Milliarden Euro hinkt er auch hier hinter den Vorschlägen von Schäuble her, der immerhin einen Spielraum von 15 Milliarden Euro sieht, oder dem Wirtschaftsrat der CDU sowie der FDP, die Entlastungen von 30 Milliarden Euro fordern.

Nur noch bizarr wirkt da das Verhalten im Willy-Brandt-Haus, wo Spitzenkandidat Schulz und sein Steuerbeauftragter Thorsten Schäfer-Gümbel die Steuerpolitik auch nach drei krachend verlorenen Landtagswahlniederlagen immer noch nicht als zentrales Wahlkampfthema entdeckt haben.

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