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Steuerpolitik: Länder grummeln über Schwarz-Gelb

Die Ministerpräsidenten lassen nicht locker. Jedenfalls einige von ihnen. Am Freitag nutzte Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) seine Antrittsrede als Bundesratspräsident, um zu warnen: Nein, Steuerentlastungen seien nicht finanzierbar, die Haushalte der Länder gäben das nicht her.

Und da er nicht nur Landeschef, sondern auch Stadtoberhaupt ist, klagte er im Doppelpack: Auch für die Gemeinden seien Einnahmeausfälle durch eine Steuersenkung problematisch. Denn Länder und Kommunen „sollen und wollen“ etwas tun für den Ausbau der Kinderbetreuung, sie seien zuständig für ein leistungsfähigeres Bildungswesen, gleichzeitig aber „würden wir gerne auch die Schuldengrenzen einhalten“, fuhr der Bremer Bürgermeister fort, dessen Stadt besonders hoch verschuldet ist. „Wie wir das gleichzeitig bei massiven Steuersenkungsprogrammen leisten können, ist für mich zurzeit noch nicht nachvollziehbar – ich glaube, da sollen wir mehr, als wir wollen können.“

Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) beeilte sich, das hohe Lob der Kooperation zwischen Bund und Ländern zu singen – wozu auch immer gehört, den Landespolitikern vorzurechnen, wo der Bund mal wieder Geld in die Hand nimmt, um Landesaufgaben mitzufinanzieren. Zum Beispiel seien da zwölf Milliarden Euro für die Bildung bis 2013, betonte Pofalla. Und dazu werden wohl noch einige Milliarden kommen, um die nötige Bundesratsmehrheit am Ende auch sicher zu haben.

Dass Ministerpräsidenten wie Klaus Wowereit oder Kurt Beck gegen Steuersenkungen wettern und in dramatischen Tönen um die eigenen Etats fürchten, hat also nicht zuletzt auch damit zu tun, eine Verhandlungsposition aufzubauen. Dass Landeschefs wie Horst Seehofer oder Roland Koch dagegen stillhalten oder die schwarz-gelben Pläne im Bund verteidigen, liegt daran, dass ihre Finanzsituation vergleichsweise gut ist und eine Steuersenkung auch die Zahlungen in den Finanzausgleich reduziert.

Freilich könnten die grummelnden Ministerpräsidenten mit dem Argument, die Schuldenbremse einhalten zu müssen (die Wowereit zum Beispiel ja nie wollte), unfreiwillig auch ein Debatte provozieren, die sie eigentlich meiden wie der Teufel das Weihwasser: mehr Steuerautonomie der Länder und eine Entflechtung des engen Steuer- und Finanzverbunds von Bund und Ländern. Wenn man das Steuersystem entsprechend ändern würde, müssten sich Entlastungen bei der Einkommensteuer nicht mehr in den Landesetats niederschlagen. Also weniger Verbund und mehr Eigenständigkeit.

Das Recht, einen Zuschlag auf die Einkommensteuer zu erheben, dürfte aber kaum Gefallen finden – man müsste der eigenen Bevölkerung dann erklären, warum man ihn erheben will, wenn andere Länder es nicht tun. Also könnte die Debatte darauf hinauslaufen, die Steuerquellen wieder stärker zu trennen: Einkommensteuer für den Bund, Mehrwertsteuer für die Länder zum Beispiel, Finanzausgleich inklusive. Ein solches Trennsystem bestand schon vor 1969.

Allerdings hat es auch seine Probleme – entscheidend wäre also letztlich die Abwägung. Doch könnte eine solche Debatte durchaus dazu führen, dass der Druck auf die Länder wächst – zumindest der, deutlicher zu erklären, warum sie am engen Steuerverbund festhalten wollen, auch wenn ihnen die Steuerpolitik einer Bundesregierung gar nicht gefällt.

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