zum Hauptinhalt

Politik: Strafe? Nicht vorgesehen

Berlin - Auf manchen Betrachter mag das seltsam wirken. Da wird ein Minister in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss nach allen Regeln der Strafprozessordnung vernommen, bei Nichterscheinen hätte man ihn sogar vorführen lassen dürfen.

Berlin - Auf manchen Betrachter mag das seltsam wirken. Da wird ein Minister in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss nach allen Regeln der Strafprozessordnung vernommen, bei Nichterscheinen hätte man ihn sogar vorführen lassen dürfen. Dann bekennt sich der Vernommene schuldig, übernimmt die alleinige Verantwortung für Missstände – und nichts passiert. Keine Sanktion, keine Strafe im juristischen Sinne.

„Rechtsfolgen? Ganz klare Antwort: Die gibt es hier nicht“, sagt der Staatsrechtler Markus Heintzen von der Freien Universität Berlin. Schließlich habe es sich bei der Vernehmung von Außenminister Joschka Fischer im Visa-Untersuchungsausschuss nicht um ein Strafverfahren gehandelt, sondern um „Politik mit juristischen Instrumenten“. Ziel des Unternehmens sei einzig und allein Aufklärung, die „Ermittlung des Sachverhalts“. Was aber nicht bedeute, dass das Ergebnis belanglos sei. Anders als Juristen könnten Politik und Wähler einen politischen Sünder durchaus sanktionieren, sagt der FU-Professor – wie dies in vergleichbaren Fällen ja oft auch der Fall gewesen sei.

Die Politikervernehmung in einem Untersuchungsausschuss sei ein „politisches Verfahren, das rechtsstaatlichen Anforderungen nicht genügt und auch gar nicht genügen soll“, sagt Heintzen. Und er nennt dafür auch ein Beispiel aus dem Visa-Ausschuss. Als sich Fischer am Montag für die Überhäufung der Mitglieder mit Aktenbergen entschuldigte, kommentierte der Ausschussvorsitzende Hans-Peter Uhl (CSU) dies mit den Worten: „Mir kommen die Tränen.“ In einem Strafverfahren wäre eine solche Bemerkung des Vorsitzenden Richters „undenkbar“, so der Rechtsexperte. „Der Anwalt würde sofort einen Befangenheitsantrag stellen.“ In einem Untersuchungsausschuss hingegen geht gleich gar keiner davon aus, dass der Vorsitzende unbefangen ist – zumal, wenn ihn die Oppositionspartei stellt.

Juristisch bedeutsam wäre das Schuldeingeständnis nur in einem Falle geworden, sagt Heintzen: Wenn der Außenminister eingeräumt hätte, Fehler vorsätzlich begangen zu haben. „Dann“, so ist sich der Berliner Staatsrechtler sicher, „hätte er sofort ein Ermittlungsverfahren am Bein gehabt“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false