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Strafjustiz: Richter müssen der Öffentlichkeit ihre "Deals" erklären

Wenn Richter mit Staatsanwaltschaft und Verteidigern Urteile absprechen, müssen alle Karten auf den Tisch, verlangt das Bundesverfassungsgericht. Denn die Öffentlichkeit muss den Deal kontrollieren können.

Das Bundesverfassungsgericht hat das Recht der Öffentlichkeit gestärkt, Einzelheiten über Absprachen in Strafprozessen zu erfahren. In zwei am Donnerstag veröffentlichten Beschlüssen heißt es, die gesetzliche Pflicht der Gerichte, wesentliche Inhalte von Verständigungen mitzuteilen, diene in erster Linie der Kontrolle durch die Öffentlichkeit. Dem Gesetzgeber sei es gerade auf die Transparenz der strafgerichtlichen Hauptverhandlung angekommen. Viele Strafprozesse werden durch Absprachen, so genannten Deals, zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung verkürzt. Häufig gibt es ein maßvolles Urteil gegen ein Geständnis. Um den Deals den Ruch von Kungelei zu nehmen, gibt es für sie seit 2009 eine Grundlage in der Strafprozessordnung. Trotzdem entzündet sich an den Vorschriften immer wieder Streit. Aus einem Strafverfahren dürfe kein Geschäft gemacht werden, sagen Kritiker. Gerade in aufwändigen Wirtschaftsstrafverfahren sind Deals an der Tagesordnung; prominente Angeklagte versuchen so, einer Hauptverhandlung zu entgehen. Die Verfassungsrichter hatten über zwei Fälle zu entscheiden, bei denen Strafrichter zwar mitteilten, dass ein Deal erörtert worden sei, aber keine Angaben zum Inhalt machten. Trotz Verstoßes gegen die weitergehende Mitteilungspflicht ließ der Bundesgerichtshof (BGH) die Urteile passieren, weil die Angeklagten ohnehin kein Geständnis ablegen wollten. Deshalb, so der BGH, hätten die Revisionen nicht auf der festgestellten Rechtsverletzung beruht, wie es für einen erfolgreiches Angreifen der Urteile vor dem BGH nötig gewesen wäre. Damit wollen sich die Verfassungsrichter nicht zufrieden geben. „Die Öffentlichkeit kann ihre Kontrollfunktion nur ausüben, wenn sie die Informationen erhält, die zur Beurteilung der Angemessenheit einer etwaigen Verständigung erforderlich sind“, betonten sie. Intransparente, unkontrollierte Deals seien mit den Prinzipien des rechtsstaatlichen Strafprozesses unvereinbar.

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