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Studie: Deutsche altern gesünder

Obwohl die Zahl der Pflegebedürftigen weiter steigt, ist das Risiko, im Alter bettlägerig oder hilfsbedürftig zu werden, gesunken. "Die Deutschen altern gesünder", lautet das Fazit des aktuellen Pflegereports der Gmünder Ersatzkasse (GEK).

Berlin - Obwohl die Zahl der Pflegebedürftigen weiter steigt, ist das individuelle Risiko, im Alter bettlägerig oder hilfsbedürftig zu werden, gesunken. „Die Deutschen altern gesünder“, lautet das Fazit des aktuellen Pflegereports der Gmünder Ersatzkasse (GEK). Die Erklärung für den scheinbaren Widerspruch liefert dessen Autor, der Bremer Sozialwissenschaftler Heinz Rothgang: Dass die Zahl der Pflegebedürftigen in den vergangenen acht Jahren um 231 000 auf 2,25 Millionen gestiegen ist, sei allein der wachsenden Zahl älterer Menschen in Deutschland geschuldet, sagt er. Bezogen auf Altersgruppen nämlich habe sich das Auftreten von Pflegebedürftigkeit zwischen 2000 und 2008 deutlich verringert – bei Männern um acht, bei Frauen gar um 25 Prozent.

Im Sinne geringerer Pflegebedürftigkeit sei auch zu deuten, dass immer weniger Betroffene gleich den „schweren“ Pflegestufen II und III zugeordnet würden, betont Rothgang. Die Vorstellung nämlich, dass sich die Pflegestufe nach und nach immer weiter erhöhe, treffe nur auf vier von zehn Bedürftigen zu. In eine niedrigere Pflegestufe allerdings schafften es in dem untersuchten Acht-Jahres-Zeitraum nur gerade mal 1,9 Prozent der Betroffenen. Dies zeigt nach den Worten des Bremer Forschers, dass noch „Rehabilitationspotenziale“ vorhanden seien.

Und trotz des augenscheinlich besseren Gesundheitszustandes: Die Wahrscheinlichkeit, im Alter zum Pflegefall zu werden, bleibt hoch. Grob gesagt trifft es am Ende mittlerweile jeden Zweiten. Von den männlichen GEK-Mitgliedern, die 2008 starben, waren schließlich 42 Prozent pflegebedürftig, bei den gewöhnlich älter werdenden Frauen lag der Anteil bei 60 Prozent. Laut Statistik ist ein 60-Jähriger, wenn er später pflegebedürftig wird, dies dann 2,48 Jahre lang – das sind gut zwölf Prozent seiner Restlebenserwartung von 20,7 Jahren. Bei Frauen, die im Schnitt noch 24,6 Lebensjahre zu erwarten haben, ist es noch mehr. Ihre Pflegespanne beträgt 3,67 Jahre.

Riesenunterschiede ermittelt die Studie bei den Pflegekosten – trotz einheitlicher, bundesweit vorgegebener Versicherungsleistungen. Bei den Heimsätzen differieren die Preise um bis zu 900 Euro im Monat. Am teuersten seien die Heime in Nordrhein-Westfalen, sagt Rothgang. In Ostdeutschland erreichten die Entgelte „durch die Bank“ nur zwei Drittel des rheinländischen Niveaus. Woran das liegt, ist auch dem Forscher ein Rätsel. Offenbar halte man mehr und besser bezahltes Personal vor und bekomme es leichter refinanziert, sagt er. Zudem gebe es weniger privat betriebene Häuser. Dass die Pflegequalität besser sei, lasse sich daraus aber nicht automatisch folgern.

Auch die ambulanten Entgelte variieren erheblich: So kostet das „Zubereiten einer warmen Mahlzeit“ in NRW 7,39 Euro, in Baden-Württemberg dagegen 20,90 Euro. Bei Sondennahrung reicht die Spanne von 2,89 Euro in Sachsen bis zu 14,57 Euro im Südwesten. Und die „große Morgentoilette“ ist in Thüringen für 15,75 Euro zu haben, in Hessen verlangen die Pflegedienste dafür 32,16 Euro. Solche enormen Unterschiede seien „erklärungsbedürftig“, meint Rothgang.

Ein Ost-West-Gefälle gibt es auch bei den Heimkapazitäten: Im Norden und Süden werden für alte Menschen laut Pflegereport deutlich mehr Plätze vorgehalten als im Osten. Während Thüringen und Sachsen augenscheinlich unterversorgt sei, müsse man in Rheinland-Pfalz aufgrund der geringen Auslastung Überversorgung vermuten, so Rothgang.

Bei der Facharztversorgung diagnostiziert der Forscher ein Stadt-Land-Gefälle: In Ballungsräumen werden deutlich weniger Psycholeptika und Antidepressiva verordnet. Dies sei ein Indiz für überforderte Hausärzte und „fachärztliche Unterversorgung“ in ländlichen Gebieten.

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