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Kurdische Kämpfer sollen deutsche Waffen erhalten.

© AFP

Syrien und Irak: Kampfansage an die Terroristen

Kanzlerin Merkel verteidigt die Pläne für Waffenlieferungen an die Kurden im Nordirak. Die USA erwägen unterdessen, auch in Syrien gegen die Gruppe Islamischer Staat vorzugehen.

Auch nach dem Grundsatzbeschluss der Bundesregierung, die Kurden im Nordirak für ihren Kampf gegen die Extremisten der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) Waffen zu liefern, hielt die Debatte am Wochenende an. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte die Entscheidung. Die zuständigen Minister hätten diese angesichts des Brutalität mit der die IS-Terrormiliz Christen, Jesiden und auch Muslime verfolge getroffen, sagte sie der Chemnitzer „Freien Presse“. Die Kanzlerin gestand aber ein, dass deutsche Waffen auch in falsche Hände geraten könnten: „Ich will nicht so tun, als bestehe dieses Risiko überhaupt nicht.“ Sie sprach von einer „schwierigen Abwägung, bei der wir uns für begrenzte Waffenlieferungen entschieden haben“. Ein hundertprozentiges Ja oder Nein auf die Frage, ob wir mit unserer Entscheidung richtig liegen, gibt es nicht.“ Eine Beteiligung der Bundeswehr an den Kämpfen schloss Merkel aber aus.

Deutschland bereitet Waffenlieferungen vor

Das Verteidigungsministerium prüft derzeit, welche Waffen geliefert werden können. Der Bundestag soll am 1. September in einer Sondersitzung beraten. Die USA schicken bereits Waffen, in Europa sind auch Großbritannien, Frankreich und Italien bereit dazu. Die IS-Milizen kontrollieren Gebiete im Nordirak und im Norden Syriens. In Syrien befinden sie sich im Kampf gegen den syrischen Machthaber Baschar al Assad, aber auch gegen andere Rebellengruppen. Im Nordirak sind rund 1,2 Millionen Menschen vor den Islamisten auf der Flucht.

SPD-Präsidium steht hinter Steinmeier

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sieht trotz Bedenken beim linken SPD-Flügel keine Alternative zu Waffenlieferungen an die Kurden im Nordirak. Neben humanitärer Hilfe, die weiterhin für die Bundesregierung Priorität habe, gehe es um eine Unterstützung der kurdischen Streitkräfte im herausfordernden Kampf gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat, sagte Steinmeier am Samstag am Rande einer Klausurtagung der Parteispitze in Berlin. „Natürlich sind Waffenlieferungen in Spannungsgebiete nur in allergrößten Ausnahmefällen möglich. Wir sind hier in einer Sondersituation.“ Die SPD-Spitze schloss sich bei der Tagung Steinmeiers Position an, mit Ausnahme des Vizevorsitzenden Ralf Stegner. „Meine Sorge ist, dass die Folgewirkung ist, dass wir heute Waffen liefern und morgen werden damit unschuldige Menschen erschossen“, sagte Stegner. Eine militärische Lösung sei Sache der USA. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel betonte: „Das ist eine der schwierigsten Entscheidungen, die ich in meinem politischen Leben getroffen habe.“ Steinmeier hatte zuvor gesagt, er sehe in möglichen Waffenlieferungen in den Nordirak einen „tiefen Einschnitt“ in der deutschen Außenpolitik. In einem Interview mit der „Sächsischen Zeitung“ verglich Steinmeier die Grundsatzentscheidung für die Rüstungshilfe mit der Beteiligung Deutschlands an den militärischen Konflikten auf dem Balkan 1999 und in Afghanistan 2002 sowie dem Nein zu einem Irak-Einsatz 2003. „Dies waren Wegmarken unseres außenpolitischen Reifeprozesses nach der Wiedervereinigung“, sagte Steinmeier. Nun müsse Deutschland „lernen, mit den unvermeidlichen Widersprüchen, Risiken und Dilemmata umzugehen, die eine verantwortliche Außenpolitik in einer Welt in Unordnung zwangsläufig mit sich bringt“, fügte der Minister hinzu. Es sei nicht möglich, „immer gleich kategorische Antworten geben zu wollen“.

Kein Paradigmenwechsel

Die deutsche Außenpolitik sei aber weiter von den bisherigen Grundsätzen geleitet, sagte Steinmeier. Die Entscheidung für die Rüstungshilfe in ein Kriegsgebiet sei weder ein grundsätzlicher Paradigmenwechsel noch eine Abkehr von einer an politischen Lösungen orientierten Außenpolitik. „Es ist die richtige, aus unserer Sicht verantwortbare Entscheidung in einer akuten Bedrohungslage, die unsere Werte und Interessen unmittelbar berührt.“ Es bleibe das Ziel deutscher Außenpolitik, die Welt friedlicher, stabiler und sicherer zu machen.

Grüne und Linke bleiben skeptisch

Die Grünen-Politikerin Claudia Roth dagegen sagte, sie sehe die Gefahr, dass nun die „Grundwerte einer auf Zurückhaltung basierenden Außenpolitik“ infrage gestellt werden. Linken-Chefin Katja Kipping warnte davor, dass die Rüstungshilfe sich als schwerer Fehler herausstellen könnte. „Deutschland wird immer weiter in diesen Krieg hineingezogen“, sagte sie der „Mitteldeutschen Zeitung“. Sie forderte zudem für den Fall von Waffenlieferungen ein Bundestagsmandat.

USA erwägen Angriffe in Syrien

Die US-Regierung ist nach eigenen Worten zur Intervention in Syrien bereit, sollten die USA oder US-Bürger dort bedroht sein. „Wenn wir eine Verschwörung gegen Amerikaner sehen, wenn wir irgendwo eine Bedrohung der USA sehen, stehen wir bereit, gegen diese Bedrohung vorzugehen“, sagte der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater, Ben Rhodes. Er betonte zudem, dass sich eine Intervention gegen die Dschihadistengruppe IS sowohl auf den Irak, als auch auf Syrien erstrecken müsse. US-Präsident Barack Obama hatte angesichts des Vormarschs der Dschihadisten im Nordirak begrenzte Luftangriffe gegen ihre Kämpfer angeordnet. Zuvor hatte Verteidigungsminister Chuck Hagel US-Luftangriffe auch in Syrien nicht ausgeschlossen. Er nannte die radikale Sunnitenmiliz eine extreme Bedrohung für die USA.

Schwere Verluste für IS in Syrien

Bei Gefechten um einen wichtigen Militärflughafen im Osten Syriens hat die Terrorgruppe offenbar große Verluste erlitten. In den vergangenen drei Tagen seien mehr als 300 Extremisten getötet oder verletzt worden, sagte der Leiter der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman, am Samstag. Die Armee habe ihre Luftangriffe auf die Dschihadisten verstärkt und seit Dienstag drei Großangriffe auf den Flughafen abwehren können. Der Flughafen Al Tabka ist die letzte Bastion des Regimes von Assad in der ostsyrischen Provinz Al Rakka. mit dpa/AFP

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