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Knappes (Rüstungs)-Gut: Eine Caesar-Haubitze im Einsatz in der Ukraine.

© IMAGO/Cover-Images

Tag 128 der Ukraine-Invasion: Kriegswirtschaft – was sie für Russland und was sie für Frankreich bedeutet

Moskau bereitet sich wohl auf einen langen Krieg vor, Melnyk sorgt in Polen für Ärger, Ökonom kritisiert Sanktionen. Der Überblick am Abend.

Russland, das wird immer klarer, scheint sich auf einen längeren Krieg in der Ukraine einzustellen. Aus Belarus beschafft Moskau inzwischen tonnenweise Munition, die Lager dort sind noch aus Sowjetzeiten gut gefüllt.

Die Regierung hat nun außerdem einen Vorstoß gestartet, in Russland die Kriegswirtschaft einzuführen, berichtet das Portal "Kommersant". Die würde es dem Staat erlauben, auf die Produktionskapazitäten aller Unternehmen direkt zugreifen zu können. Dabei geht es nicht vornehmlich um Rüstungsgüter (die sind allerdings auch betroffen), sondern wohl eher darum, von westlichen Importen unabhängiger zu werden. Mehr lesen Sie weiter unten im Artikel meines Kollegen Frank Herold. 

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Das Wort Kriegswirtschaft hat zuletzt auch der französische Präsident Macron gebraucht. Er wollte damit die Franzosen auf Entbehrungen einschwören. Aber Frankreich, wie die anderen westlichen Verbündeten der Ukraine, steht auch vor dem Problem, wie der Fluss der Waffenlieferungen aufrechterhalten werden soll.

Im Fall von Frankreich geht es um die Caesar-Haubitzen (oben im Bild). 18 Stück sind für die Ukraine vorgesehen (ein Dutzend sind schon an der Front im Einsatz). Allerdings kann das Rüstungsunternehmen Nexter bisher wohl nur eine kleine Zahl der Systeme pro Jahr herstellen. Nur 77 sind aktuell bei der französischen Armee im Einsatz. Das zeigt: Auch der Westen wird sich Gedanken machen müssen, wie er seine Rüstungswirtschaft an einen möglicherweise langen Konflikt in der Ukraine anpasst.

WICHTIGSTEN NACHRICHTEN DES TAGES IM ÜBERBLICK

  • Ukrainisches Außenministerium distanziert sich von Melnyk-Äußerung: Eine Aussage über einen ukrainischen Separatistenführer war in Polen auf Kritik gestoßen. Kiew nennt sie nun dessen persönliche Meinung. Mehr hier. 
  • 19 Tote bei russischen Raketenangriffen nahe Odessa: Russland hat die Raketenangriffe in den vergangenen zwei Wochen in etwa verdoppelt. Im Süden der Ukraine wurden nun offenbar wieder zivile Ziele getroffen. Mehr hier. 
  • Die russischen Truppen haben nach Angaben aus Moskau die Öl-Raffinerie in der umkämpften ostukrainischen Stadt Lyssytschansk eingenommen. Lyssytschansk ist die letzte größere Bastion der ukrainischen Streitkräfte in der Region Luhansk. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden. Mehr in unserem Newsblog. 
  • Die UN-Kulturorganisation Unesco hat die ukrainische Kultur des Borschtsch-Kochens auf ihre Liste des bedrohten Kulturerbes gesetzt. Zur Begründung verwies das Welterbekomitee auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und dessen "negative Auswirkungen auf die Tradition".
  • Vor dem Hintergrund des russischen Kriegs gegen die Ukraine werden in der Europäische Union Einfuhrzölle und Mehrwertsteuer auf lebensrettende Ausrüstung zur Versorgung von Ukrainern in den EU-Staaten gestrichen.
  • U-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat von der Ukraine auf dem Weg in die Europäische Union weitere Anstrengungen etwa im Kampf gegen Korruption und den Einfluss von Oligarchen gefordert. Viele der notwendigen Gesetze und Institutionen gebe es bereits. Nun sei es an der Zeit, diese in „einen positiven, dauerhaften Wandel“ umzusetzen.
  • Der österreichische Handelsökonom Gabriel Felbermayr hat die westlichen Sanktionen gegen Russland kritisiert. „Moskau schlägt sich weit besser als gedacht, weil die Sanktionen von Europa und den USA nicht konsequent genug waren“, sagte der Präsident des Wiener Instituts für Wirtschaftsforschung dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. 
  • Die Weizenernte in der Ukraine fällt in diesem Jahr einer Auswertung des Agrarkonzerns Baywa wegen des russischen Angriffskriegs schwach aus. Derzeit reiften 22,48 Millionen Tonnen Brotweizen auf den ukrainischen Feldern, teilte das Unternehmen am Donnerstag unter Berufung auf einer Auswertung von Satellitendaten mit. Im Vergleich zum Durchschnitt der vergangenen vier Jahre bedeute das einen Rückgang um 17 Prozent.

HINTERGRUND UND ANALYSE

1. 20 Jahre Internationaler Strafgerichtshof: Wladimir Putin darf nicht davonkommen
Das Haager Tribunal braucht eine Reform, die Deutschland anstoßen sollte: Auch Aggressionen von Nichtvertragsstaaten müssen verfolgt werden. Ein Gastbeitrag.

2. Intellektuelle fordern Waffenstillstand in der Ukraine: Offene Briefe gehören zu einer offenen Gesellschaft
In Russland darf über den Krieg in der Ukraine nicht diskutiert werden. Für Demokratien ist der Streit, auch über Grundsatzfragen, konstitutiv. Ein Kommentar.

3. Krieg gegen die Ukraine: Russland stellt auf Kriegswirtschaft um
Die russische Regierung will eine Blanko-Vollmacht für Kriegszeiten, um die Einsätze der Armee im Ausland abzusichern. Das Parlament würde an Einfluss verlieren.

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