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Tag der deutschen Einheit: Einigkeit und Recht und Freizeit

Schwerin feiert die Einheit – und der Bundestagspräsident als Festredner wünscht sich gleich ein neues Denkmal.

Zum 25. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer möchte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) „ein längst überfälliges Zeichen“ gesetzt sehen. Trotz aller Mahn- und Gedenkstätten für die deutschen Diktaturen fehle in Berlin ein zentrales „Freiheits- und Einheitsdenkmal“ für die friedliche Revolution und die Wiedervereinigung 1990. Für seinen Vorschlag erntete Lammert am Mittwoch bei seiner Rede während des Festaktes zum Tag der Deutschen Einheit im Schweriner Staatstheater von den rund 600 geladenen Gästen herzlichen Applaus. Lammert hält es für möglich, dass das Denkmal auch unter der Beachtung internationaler Ausschreibungsvorschriften bis 2014 errichtet werden kann. Das Publikum, darunter Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), quittierte diesen Zusatz angesichts der Erfahrung mit anderen Denkmalprojekten in Berlin mit freundlichem Gelächter.

Mit dem Blick auf die Länder in Osteuropa versuchte der Bundestagspräsident in seiner Festrede die Waage zwischen Vor- und Nachteilen der deutschen Wiedervereinigung auszutarieren. „Unsere Probleme möchten andere gerne haben“, sagte Lammert. Von der Wiedervereinigung sei mehr geblieben als „Kaffee und Kuchen“. Bei der „Fixierung aufs Materielle“ gerate leicht das Einigende von 1989 aus den Augen. Laut Lammert sind das „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Einheit sei aber nicht gleichzusetzen mit Einheitlichkeit, dies wäre „unhistorisch und naiv“. Damit wolle er aber nicht die enormen Aufbauleistungen seit der Wiedervereinigung geringschätzen.

Harald Ringstorff (SPD), Bundesratspräsident und Ministerpräsident des gastgebenden Mecklenburg-Vorpommern, sagte, es sei „zutiefst menschlich“, wenn viele Ostdeutsche sich gern an ihr Leben in der DDR erinnern. Es sei keineswegs so grau, ärmlich und freudlos gewesen, wie viele Westdeutsche es auch heute noch glaubten. „Wir müssen nur aufpassen, dass in der Rückschau nicht vieles rosiger erscheint als es wirklich war“, mahnte Ringstorff. Zur DDR-Diktatur gehörten auch Spitzeltum, Gängelei und der Schießbefehl an der Mauer. Beim ökumenischen Gottesdienst am Morgen im Schweriner Dom warnte Erzbischof Werner Thissen vor politischen Extremisten, die ob der gesellschaftlichen Unterschiede Hass sähen. „Da müssen wir aufpassen, nicht nur im Osten.“

Mecklenburg-Vorpommern war das erste Bundesland, das nach 1992 die zentrale Einheitsfeier zum zweiten Mal ausrichten durfte. Während einige Schweriner damals Kanzler Helmut Kohl auch mit Pfiffen empfingen, gab es für Angela Merkel am Mittwoch nur freundlichen Applaus. Bereits am Vormittag füllten Zehntausende die engen Straßen der Innenstadt. Am Nachmittag zog eine Parade aus 1000 Musikern durch die Stadt. Berlin ließ sich von brasilianischen Samba-Klängen repräsentieren, Bayern von einer Trachtengruppe in Dirndl und Lederhose. Die Organisatoren erreichten offenbar ihr Ziel: „Es ist schon toll, alle Bundesländer mit ihren Besonderheiten hier zu sehen“, sagte die Schwerinerin Katrin Werner am Straßenrand. Dann zog sie mit Mann und Tochter weiter. Sie wollten erst noch das Drachenbootrennen der Ministerpräsidenten auf dem innerstädtischen Pfaffenteich sehen. Und dann „Kaffee trinken und Kuchen essen“.

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