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Am Demokratiedenkmal in Bangkok wird an getötete Rothemden erinnert.

© dpa

Demonstrationen: Thailands Regierung unter Druck

Dokumente der Sonderermittlungsbehörde DSI legen nahe: Soldaten erschossen im Mai Demonstranten in einem buddhistischem Tempel.

Tausende Demonstranten der oppositionellen thailändischen „Einheitsfront für Demokratie und gegen Diktatur“ (UDD) haben sich am Freitag am Demokratiedenkmal in Bangkok versammelt. Auf den ersten Blick wirkte die Stimmung unter den sogenannten Rothemden, die bereits im Frühjahr gegen die Regierung protestiert hatten, ausgelassen. Doch viele der Demonstranten sind wütend: Erst am Donnerstag hatte das Verfassungsgericht zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen ein Verfahren gegen die regierende Demokratische Partei von Premierminister Abhisit Vejjajiva aufgrund von „Verfahrensfehlern“ eingestellt. Seine Partei soll im Jahr 2005 von einem Zementkonzern eine illegale Parteispende in Höhe von umgerechnet rund 5,1 Millionen Euro erhalten haben.

Nach den Parteigesetzen, die Thailands Armeejunta nach dem Putsch im Jahr 2006 erlassen hatte, drohte der Partei im Fall einer Verurteilung die Auflösung. Dutzende Politiker aus dem damaligen Parteivorstand, unter ihnen Premier Abhisit, hätten für fünf Jahre aus der Politik ausgeschlossen werden können. Kritiker sehen in der Entscheidung des Gerichts eine weitere Bestätigung ihrer Vermutung, dass Thailands Justiz mit zweierlei Maß misst: Politiker aus den eigenen Reihen werden begünstigt, gegen politische Gegner wird hingegen mit großer Härte vorgegangen.

Trotz der abgewendeten Verfahren dürfte Thailands Regierung in den kommenden Tagen unter Druck geraten. Denn Dokumente der Sonderermittlungsbehörde DSI, die der Nachrichtenagentur Reuters zugespielt worden sind, legen nahe, dass die Armee bei der blutigen Niederschlagung der Rothemden-Proteste im Mai in weitaus größerem Maß an der Tötung von Zivilisten beteiligt war, als es die Regierung bislang zugibt.

Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass nach der Stürmung des Protestcamps im Zentrum von Bangkok am 19. Mai Soldaten von den Gleisen der Hochbahn aus in den buddhistischen Prathum-Wanaram-Tempel geschossen und mehrere Zivilisten getötet haben. Regierung und Armee bestreiten bislang vehement, für die Toten in dem Tempel, der als Schutzzone für Alte, Frauen und Kinder ausgewiesen war, verantwortlich zu sein.

Dem Bericht zufolge sind drei der sechs Getöteten in dem Tempel mit großer Wahrscheinlichkeit von Soldaten erschossen worden. Was die Verantwortung für den Tod von drei weiteren Menschen anbelangt, gebe es keine ausreichenden Beweise. Alle Opfer seien jedoch durch Hochgeschwindigkeitsgeschosse getötet worden. Befragte Soldaten hätten ausgesagt, sie hätten Feuerschutz gegeben, nachdem sie von der Tempelanlage aus von schwarz gekleideten Schützen beschossen worden seien.

Ein Zeuge sagt in dem Bericht aus, er habe gesehen, wie Soldaten von den Gleisen der Hochbahn aus in ein Sanitätszelt gefeuert hätten. Bei diesem Vorfall, der in Thailand großes Entsetzen ausgelöst hat, wurden zwei Krankenschwestern getötet.

Die Regierung von Premierminister Abhisit dürfte nach der Veröffentlichung des DSI-Berichts auch international verstärkt unter Druck geraten. Denn der Bericht geht auch auf den Tod des Japaners Hiro Muramoto ein. Der Reuters-Kameramann war bei den Zusammenstößen am 10. April tödlich getroffen worden. Die DSI-Ermittler kommen zu dem Schluss, dass wahrscheinlich die Armee Muramoto getötet hat. Der Bericht zitiert einen Augenzeugen, der ausgesagt habe, Muramoto sei zusammengebrochen, nachdem Schüsse aus der Richtung der Soldaten gefeuert worden seien.

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