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Entlassen werden Sicherungsverwahrte nur bei günstiger Prognose.

© dpa

Justizvollzug: Therapie-Haft für Sextäter ist zulässig

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof billigt die runderneuerte Sicherungsverwahrung - bleibt aber dabei, dass sie eine Strafe ist.

Berlin - Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die umstrittenen deutschen Regelungen gebilligt, denen zufolge gefährliche Straftäter auch nach Verbüßen ihrer Haft festgehalten werden können. In einem Urteil vom Donnerstag bestätigte der EGMR am Fall eines mehr als 70 Jahre alten Sexualtäters die Anwendung des sogenannten Therapieunterbringungsgesetzes, auf dessen Grundlage der Mann inhaftiert wird. Der Freiheitsentzug sei gemäß der Menschenrechtskonvention zulässig, weil der Betroffene psychisch krank sei und ihm ein geeignetes Therapieangebot zur Verfügung stehe, hieß es.

Erstmals hat der EGMR damit Regelungen untersucht, die aufgrund eines eigenen Urteils von 2009 in Deutschland erlassen worden waren. Jahrelang hatte der deutsche Gesetzgeber zuvor die Sicherungsverwahrung für gefährliche Straftäter verschärft. In der Sicherungsverwahrung werden Täter untergebracht, die trotz des Verbüßens ihrer Haftstrafe für die Öffentlichkeit hochgefährlich bleiben. Unter anderem wurde damals die zehnjährige Höchstgrenze gekippt, nach der Sicherungsverwahrte spätestens entlassen werden mussten. Der EGMR rügte daraufhin einen Verstoß gegen den Grundsatz, dass keine Strafe ohne entsprechendes Gesetz verhängt werden dürfe. Denn er wertete die Verwahrung – anders als die deutschen Gerichte – als reine Strafe, weil sie in Gefängnissen vollstreckt wurde und es den Umständen nach kaum Unterschiede zur Strafhaft gegeben habe. Das Bundesverfassungsgericht schloss sich später dieser Ansicht an; in der Folge mussten zahlreiche Täter trotz negativer Prognose entlassen werden. Um diese sogenannten Altfälle gleichwohl festhalten zu können, wurde das Therapieunterbringungsgesetz und mit ihm eine Reihe eigenständiger Anstalten geschaffen.

Diese Bemühungen reichen aus, urteilte das Straßburger Gericht nun. Die Richter begrüßten ausdrücklich, dass die Sicherungsverwahrung in diesen besonderen Fällen „den Erfordernissen des Grundrechts auf Freiheit“ angepasst worden sei. Zwar sei die Unterbringung immer noch eine Strafe, allerdings seien ihr Wesen und ihr Zweck so weit verändert worden, dass der Grundsatz „keine Strafe ohne Gesetz“ unverletzt bleibe.

Der Kläger war unter anderem wegen Mordversuchs und Vergewaltigung verurteilt worden. Nach dem für ihn günstigen Urteil des EGMR von 2009 bestand er auf Entlassung. Hilfe von Psychologen oder die Einnahme triebdämpfender Mittel lehnt er ab. Seine Verwahrung war vor einem Jahr ein weiteres Mal verlängert worden.

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