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Politik: Tödlicher Protest

Erneut starb ein tibetischer Mönch in China. Unklar ist, welche Rolle die Regierung dabei spielt.

Als Lobsang Tsultrim am Freitag zum letzten Mal lebendig in der Öffentlichkeit gesehen wurde, reckte er laut einem Augenzeugen trotz schwerer Verbrennungen eine Faust in die Luft. Als Protest, aber wohl auch als Lebenszeichen. Der tibetische Mönch hatte sich in Aba, im tibetischen Teil der Provinz Sichuan, selbst angezündet und Slogans gegen die chinesische Regierung gerufen. Chinesische Polizeibeamte sollen die Flammen erstickt und ihn geschlagen haben, wie ein Augenzeuge dem in Indien wohnenden Mönch Kanyag Tsering erzählte. „Er ist geschlagen und auf einen Lastwagen geworfen worden“, berichtet Tsering dem US-finanzierten Sender „Radio Free Asia“. Drei Tage später war Lobsang Tsultrim tot.

Das berichten tibetische Menschenrechtsgruppen, lokale Beamte hingegen erklärten gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, sie wüssten nichts von Tsultrims Tod. Die Nachricht lässt sich gegenwärtig nicht durch unabhängige Quellen verifizieren. China verbietet Journalisten die Einreise nach Tibet und in die tibetischen Gebiete der Provinzen Sichuan, Gansu und Qinghai. Am Montag hat die australische Botschafterin Frances Adamson die chinesischen Behörden um Erlaubnis gebeten, diese Gebiete besuchen zu dürfen, um sich ein Bild von der Lage machen zu können. In Gansu sollen am Dienstag rund 100 Mönche aus dem Bora-Kloster mit tibetischen Fahnen gegen die chinesische Herrschaft protestiert haben. Anschließend soll ihr Kloster von Sicherheitskräften belagert worden sein. Innerhalb eines Jahres haben sich in China 30 Tibeter – darunter zahlreiche Mönche und Nonnen aus Protest gegen die Unterdrückung ihrer Kultur und Religion – selbst verbrannt. 22 sind gestorben. Auch Lobsang Tsultrim.

Der 20 Jahre alte Mönch stammte aus dem Kirti-Kloster in Aba, dem Zentrum der tibetischen Proteste. Vor ihm hatten sich 13 weitere Mönche aus diesem Kloster angezündet. Nachdem er von chinesischen Sicherheitskräften weggefahren worden war, soll er in ein Krankenhaus im benachbarten Landkreis Barkham gebracht worden sein. „Er ist im Krankenhaus von Barkham am 19. März gestorben“, berichtet Kanyag Tsering „Radio Free Asia“. „Familienmitglieder haben die Herausgabe seines Körpers verlangt, um gemäß der tibetischen Tradition den Totenritus durchzuführen, aber die chinesischen Behörden in Barkham äscherten ihn ein und übergaben nur seine sterblichen Überreste.“

Peking bezeichnet die Selbstverbrennungen als „Terrorismus“ und beschuldigt den Dalai Lama, den im Exil lebenden geistigen Führer der Tibeter, sein Volk dazu angestiftet zu haben, um Tibet von China loszulösen. Der Dalai Lama hingegen prangert die kulturelle und religiöse Unterdrückung seines Volkes an und bezichtigt China des „kulturellen Völkermordes“. Das sei auch der Grund für die Selbstverbrennungen.

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