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Auch in Teheran kommt es nun zu Unruhen.

© Reuters

Toter bei Protesten: Unruhen greifen auf Iran über

Im Iran sind bei Zusammenstößen zwischen Polizei und Oppositionsanhängern Medienangaben zufolge ein Mensch erschossen und mehrere weitere verletzt worden. Die Demonstranten folgten einem Aufruf zu einer Solidaritätskundgebung mit den Protesten in Ägypten und Tunesien.

Trotz massiver Polizeipräsenz sind am Montag in Teheran zehntausende Menschen auf die Straße gegangen und haben gegen das Regime demonstriert. Bei den größten Protesten in der Islamischen Republik seit einem Jahr riefen die Menschen "Erst Ben Ali, dann Mubarak und jetzt Seyyed Ali", in Anspielung auf den Obersten Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei. Andere forderten das Militär auf, sich "auf die Seite des Volkes" zu stellen. Handyvideos zeigten brennende Müllcontainer und große Menschenansammlungen in den Straßen der iranischen Hauptstadt. An mehreren Stellen rissen Demonstranten Poster von Chamenei herunter und steckten sie in Brand. Ausländischen Journalisten ist es nicht gestattet, sich vor Ort selbst ein Bild zu machen.

Nach Angaben von Augenzeugen ging die Polizei auf dem zentralen Platz der Befreiung, dem Imam-Hossein-Platz und dem Vanak-Platz massiv mit Tränengas gegen die Demonstranten vor. Die Sicherheitskräfte setzten auch Farbgeschosse ein, um Protestierer für eine spätere Festnahme zu markieren. In vielen Straßen waren die gefürchteten Basij-Milizen mit ihren Motorrädern unterwegs und machten mit Knüppel und Gewehren Jagd auf Regimegegner. Das Handynetz war teilweise lahm gelegt. Gegen Abend wurde die Straßenbeleuchtung abgestellt. Auf der Website Kaleme.com von Oppositionsführer Mir Hossein Mussawi hieß es, hunderte Menschen seien verhaftet worden. Auch in Isfahan, der zweitgrößten Stadt des Iran, kam es zu Unruhen.

Die grüne Opposition hatte zu den Demonstrationen am Montag aufgerufen aus Solidarität mit der Revolution des ägyptischen Volkes gegen das Regime von Hosni Mubarak. "Wir unterstützen Mussawi", riefen die Demonstranten und skandierten "Tod dem Diktator". Sie forderten, alle politischen Gefangenen freizulassen. Abends waren in vielen Teilen der iranischen Hauptstadt wieder die Rufe "Allah ist groß" von den Dächern herab zu hören, eine Form des Protests, die Staatsgründer Ajatollah Chomeini gegen die Diktatur des Schahs eingesetzt hatte.

Bereits am frühen Morgen hatte die Polizei das Haus des früheren Präsidentschaftskandidaten Mussawi umstellt, alle Telefonverbindungen gekappt und so verhindert, dass der Oppositionspolitiker zusammen mit seiner Frau Zahra Rahnavard an den Kundgebungen teilnehmen konnte. Ein Kleinbus der Polizei blockierte die Ausfahrt des Hauses. Auch der zweite ehemalige Präsidentschaftskandidat Mehdi Karroubi wurde unter Hausarrest gestellt, seine Website kurzzeitig gestört. Zuvor hatte der umstrittene Präsident Mahmud Ahmadinedschad behauptet, die Ägypter hätten bei ihrem Unsturz sich von der Islamischen Revolution 1979 im Iran inspirieren lassen. Revolutionsführer Ali Chamenei rief vor zehn Tagen beim Freitagsgebet die Bevölkerung am Nil auf, eine Islamische Republik nach iranischem Vorbild zu errichten. Die Grüne Opposition nahm beide Reden zum Anlass, beim zuständigen Innenministerium offiziell einen Solidaritätsmarsch mit dem ägyptischen Volk zu beantragen, was wie zu erwarten abgelehnt wurde. Der am Montag nach Iran gereiste türkische Präsident Abdullah Gul forderte in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Ahmadinedschad alle Regierungen im Nahen und Mittleren Osten auf, stärker auf die Forderungen ihrer Völker zu reagieren. (mit AFP)

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