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Politik: Türkei: Ankara schafft die Todesstrafe ab - fast

Als Bewerberin um den EU-Beitritt hat sich die Türkei zwar zu durchgreifenden Reformen verpflichtet, doch mit der Umsetzung tut Ankara sich schwer. Ein parteiübergreifender Parlamentsausschuss lieferte dafür jetzt ein typisches Beispiel: In wochenlangen Gesprächen einigten sich die Abgeordneten auf 37 Verfassungsänderungen, die aus der Türkei ein demokratischeres Land machen sollen.

Als Bewerberin um den EU-Beitritt hat sich die Türkei zwar zu durchgreifenden Reformen verpflichtet, doch mit der Umsetzung tut Ankara sich schwer. Ein parteiübergreifender Parlamentsausschuss lieferte dafür jetzt ein typisches Beispiel: In wochenlangen Gesprächen einigten sich die Abgeordneten auf 37 Verfassungsänderungen, die aus der Türkei ein demokratischeres Land machen sollen. Doch beim heiklen Thema Todesstrafe konnte sich die Kommission nur zu einer Schein-Reform durchringen: Demnach soll die Todesstrafe zwar - wie von der EU verlangt - generell abgeschafft werden; für Kriegszeiten und für "Terroristen", wie etwa den PKK-Chef Abdullah Öcalan, soll sie aber bestehen bleiben.

Zwei Schritte vor und einen zurück - so bewegt sich die Türkei auf die EU zu. Dabei kann die Regierung von Ministerpräsident Bülent Ecevit immerhin für sich in Anspruch nehmen, mehr erreicht zu haben als ihre Vorgänger. Nach jahrzehntelangen Enttäuschungen wurde die Türkei im Dezember 1999 von der EU in den Rang eines offiziellen Beitrittskandidaten erhoben. Zwar führt Brüssel mit Ankara noch keine Beitrittsverhandlungen, doch der Beitrittsprozess ist in Bewegung gekommen. So legte die EU-Kommission im vergangenen Herbst eine Beitrittspartnerschaft mit der Türkei vor - eine Liste mit Forderungen, die Ankara erfüllen muss, bevor Verhandlungen beginnen können. In diesem Frühjahr präsentierte die Türkei als Antwort ihr "Nationales Programm" zur Erreichung der EU-Normen.

Wegen Spannungen innerhalb der Koalition aus Ecevits Linksnationalisten mit der konservativen Partei Anap und der rechtsnationalen MHP warf das "Nationale Programm" mehr Fragen auf als es beantwortete. Insbesondere die MHP achtet darauf, dass das Reformtempo niedrig bleibt. Doch immerhin verständigte sich jetzt dieselbe Parlamentskommission, die die Todesstrafe nicht ganz abschaffen wollte, darauf, die kurdische Sprache in den Medien freizugeben - dies war noch vor kurzem von den mächtigen Militärs abgelehnt worden.

Das weitere Schicksal der 37 Reform-Vorschläge der Parlamentskommission wird darüber Aufschluss geben, wie es mit der Demokratisierung weitergehen soll. Das Vorschlagspaket geht in den kommenden Wochen zur Beschlussfassung an die Volksvertretung. Doch noch ist nicht abzusehen, ob es verabschiedet wird.

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