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Politik: Türkische Armee in den Irak?

General fordert auch neuen Staatspräsidenten

Istanbul - Die türkische Armee will ins Nachbarland Irak einmarschieren und fordert dazu ein Mandat von Regierung und Parlament. Militärisch gesehen sei eine Militärintervention im Nordirak notwendig, sagte Generalstabschef Yayar Büyükanit am Donnerstag vor Journalisten in Ankara. Die politische Entscheidung müsse aber noch getroffen werden, auch müsse das Parlament der Operation zustimmen. Bei seiner Pressekonferenz wandte sich Büyükanit auch indirekt gegen eine Kandidatur des islamisch geprägten Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan für das Amt des Staatspräsidenten. Der neue Präsident müsse jemand sein, der sich nicht nur rhetorisch, sondern von ganzem Herzen zu staatlichen Werten wie dem Laizismus bekenne, sagte Büyükanit. Der neue Präsident wird in den kommenden Wochen vom Parlament gewählt.

Die Pressekonferenz des Generals war mit Spannung erwartet worden, denn die Meinung der Armee zu Fragen der Innen- und Außenpolitik gilt in der Türkei nach wie vor häufig als Gesetz. Seine Forderung nach einem Einmarsch in den Nordirak begründete Büyükanit zum einen damit, dass sich die kurdische Rebellengruppe PKK im kurdisch verwalteten Nordirak ungestört bewegen und mit Waffen versorgen könne. Der Nordirak sei für die PKK zu einer Existenzbasis geworden. Die Kurdenrebellen hatten in jüngster Zeit ihre Angriffe in der Türkei verstärkt.

Zum anderen verwies Büyükanit auf die kurdischen Autonomiebestrebungen im Nordirak sowie auf die Äußerungen des irakischen Kurdenpolitikers Massud Barsani. Dieser hatte angekündigt, die Kurden in der Türkei aufzustacheln, falls sich die Türkei in den Streit um die nordirakische Ölstadt Kirkuk einmischen sollte.

Mit Blick auf die Präsidentendebatte sagte Büyükanit, für die Armee sei die Frage nach dem neuen Staatschef wichtig, weil dieser auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte sein werde. Eine offene Empfehlung für oder gegen Erdogan lehnte er ab. Er sagte aber, als Bürger und Soldat hoffe und erwarte er, dass sich das Parlament einen Präsidenten wähle, der den Grundwerten des Staates verpflichtet sei. Dies war eine Anspielung auf Erdogan, der nach Meinung seiner Kritiker ein islamistischer Wolf im demokratischen Schafspelz ist. Von der Armee wird seine Regierung mit Misstrauen betrachtet.

Kurz vor dem Beginn der heißen Phase bei der Neuwahl des Präsidenten durch das Parlament haben Büyükanits Worte großes Gewicht. Bis 26. April muss Erdogan eine mögliche Kandidatur offiziell angemeldet haben; am 16. Mai soll der neue Staatschef sein Amt antreten. Erdoganwird von großen Teilen seiner Regierungspartei AKP zur Kandidatur gedrängt, während einzelne AKP-Politiker mit Blick auf die Parlamentswahlen im Herbst seinen Verbleib als Ministerpräsident befürworten.

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