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Politik: Türkische Wirtschaftskrise: Ankara kündigt drastische Sparmaßnahmen an

Die Türkei muss weiter auf neue Milliardenkredite aus dem Ausland zur Überwindung ihrer schweren Wirtschaftskrise warten. Wirtschaftsminister Kemal Dervis sagte bei der Vorstellung seines Reformprogramms am Samstag in Ankara, ausländische Geldgeber wie der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank wollten zuerst die Pläne der Regierung zur Lösung der Wirtschaftsprobleme sehen, bevor über Geld gesprochen werden könne.

Die Türkei muss weiter auf neue Milliardenkredite aus dem Ausland zur Überwindung ihrer schweren Wirtschaftskrise warten. Wirtschaftsminister Kemal Dervis sagte bei der Vorstellung seines Reformprogramms am Samstag in Ankara, ausländische Geldgeber wie der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank wollten zuerst die Pläne der Regierung zur Lösung der Wirtschaftsprobleme sehen, bevor über Geld gesprochen werden könne. Er hoffe aber, dass es auf der Grundlage des nun vorliegenden Programms in der kommenden Woche feste Zusagen für Finanzhilfen geben werde; den Mindestbedarf bezifferte er auf zehn bis zwölf Milliarden Dollar.

Dervis betonte, die Türkei befinde sich in einer äußerst schwierigen Lage. Die Inflationsrate bei den Verbraucherpreisen werde in diesem Jahr bei 52,5 Prozent liegen; vor Beginn der Krise im Februar war die Regierung noch von zwölf Prozent ausgegangen. Die türkische Wirtschaft wird nach Einschätzung von Dervis in diesem Jahr um drei Prozent schrumpfen; im vergangenen Jahr hatte das Wachstum noch sechs Prozent betragen. Für das Jahr 2002 erwartet Dervis aber wieder ein Wachstum von fünf Prozent. Das Programm des als "Superminister" von der Weltbank in die türkische Regierung gewechselten Dervis sieht unter anderem einen Einstellungsstopp im öffentlichen Dienst, eine Bankenreform, eine schnelle Privatisierung von Staatsbetrieben und die Ankurbelung von Exporten vor, um Geld in die Staatskasse zu bringen.

Bei kurzfristigen Maßnahmen dürfe es aber nicht bleiben, so Dervis weiter. Das gesamte Wirtschaftssystem des Landes müsse umgekrempelt werden. In den kommenden Wochen sollten die wichtigsten Reformgesetze vom Parlament in Ankara verabschiedet werden. Dreh- und Angelpunkt aller Reformbemühungen sei eine rigorose Sparpolitik. Wenn von dieser Seite nichts geschehe, könne die Inflation nicht unter Kontrolle gebracht werden. Dervis spielte damit auf die Neigung der Politiker in Ankara an, ihre Positionen mit großzügigen Gehaltsanhebungen für die Beamten und mit der Abschöpfung von Einnahmen aus Staatsbetrieben für ihre Anhänger zu zementieren.

Die Notwendigkeit einer neuen Sparpolitik in der Türkei steht nicht nur für Dervis außer Zweifel. Die türkische Armee erklärte inzwischen auch ihre Bereitschaft, ihren Beitrag zu leisten. Das Militär will Rüstungsprojekte im Wert von umgerechnet mehr als 40 Milliarden Mark streichen oder verschieben. Türkischen Presseberichten vom Wochenende zufolge soll auch der umstrittene Bau von 1000 neuen Kampfpanzern für unbestimmte Zeit auf Eis gelegt werden; bei dem Projekt waren dem deutschen Panzer Leopard 2 bisher beste Chancen auf den Zuschlag eingeräumt worden.

Zur ausländischen Hilfe hieß es am Samstag in den Zeitungen, insgesamt seien mindestens 14 Milliarden Dollar an Hilfe möglich: sechs Milliarden vom IWF, mindestens drei Milliarden von der Weltbank und fünf Milliarden von der Gruppe der sieben wichtigsten Industriestaaten (G 7). Die Krise in der Türkei hatte im Februar nach einem Streit zwischen Regierung und Staatspräsident über die Inflationsbekämpfung begonnen. Seitdem hat die türkische Lira rund 40 Prozent ihres Wertes gegenüber dem US-Dollar verloren; die Inflation schnellte deutlich in die Höhe.

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