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Julian Assange.

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Update

Überraschende Wende: Scotland Yard droht Assange mit Festnahme

Überraschende Wendung im Fall rund um Julian Assange: Der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks ist am Dienstag in die ecuadorianische Botschaft in London geflüchtet und hat politisches Asyl beantragt.

Die britischen Behörden haben Wikileaks-Gründer Julian Assange mit einer Festnahme gedroht, sobald er die Botschaft Ecuadors in London verlassen sollte. „Er ist für die Verletzung der Auflagen zu verhaften“, sagte eine Sprecherin der Londoner Polizei.Assange war am Dienstagnachmittag in die Botschaft des südamerikanischen Landes in der Londoner Innenstadt gegangen, um dort politisches Asyl zu beantragen. Er hatte offenbar die Nacht dort verbracht. Damit hat nach Angaben von Scotland Yard gegen mindestens eine seiner Bewährungsauflagen verstoßen.

Der 40 Jahre alte Australier soll auf der Grundlage eines von der schwedischen Staatsanwaltschaft erwirkten, EU-weiten Haftbefehls, nach Schweden ausgeliefert werden. Dort wird ihm sexuelle Nötigung und Vergewaltigung vorgeworfen. Eine Anklage existiert jedoch nicht.

Assanges Asylantrag werde geprüft, sagte Ecuadors Außenminister Ricardo Patino. Wann mit einer Entscheidung zu rechnen sein könnte, ließ er aber offen. Für Assange, der in Schweden der Vergewaltigung und der sexuellen Nötigung beschuldigt wird, ist es der bisher letzte in einer Reihe von Versuchen, seine Auslieferung zu verhindern. In Großbritannien hatte er zuvor bereits alle juristischen Möglichkeiten ausgeschöpft. Vor weniger als einer Woche hatte der dortige Oberste Gerichtshof eine Wiederaufnahme des Auslieferungsverfahrens gegen Assange abgelehnt - auch dieser Antrag war bereits ein für das britische Rechtssystem ungewöhnlicher Schritt gewesen.

In einer kurzen Erklärung teilte Assange mit, er sei dem ecuadorianischen Botschafter und der Regierung dankbar, dass sie seinen Antrag in Erwägung ziehe. Der Wikileaks-Gründer stehe so lange unter dem Schutz der ecuadorianischen Regierung, bis der Antrag geprüft sei, teilte die Botschaft ihrerseits mit. Das britische Außenministerium erklärte, es arbeite mit Ecuador an einer Lösung der Situation, ohne Einzelheiten zu nennen.

Der ecuadorianische Außenminister Patino sagte, Assange sehe seine grundlegenden Rechte von seinem Heimatland Australien nicht ausreichend geschützt. Der Wikileaks-Gründer hatte zuvor erklärt, dass in den USA bereits Anklage gegen ihn erhoben worden sei und er bei einer Auslieferung nach Schweden wegen Geheimnisverrats belangt werden könnte. Die Enthüllungsplattform hatte 2010 Hunderttausende vertrauliche US-Diplomatendepeschen im Internet veröffentlicht.

Die linksgerichtete Regierung des ecuadorianischen Präsidenten Rafael Correa ist gegenüber den USA kritisch eingestellt und hat sich auch positiv über Wikileaks geäußert. Correa war über eine Videoschaltung sogar Gast in Assanges Talkshow gewesen und hatte dem Wikileaks-Gründer Mut zugesprochen. Nach Angaben einer Mitarbeiterin der Show soll Assange in diesem Zusammenhang auch ein Angebot für Asyl in Ecuador erhalten haben.

Rechtsexperten schätzten die Chancen Assanges, politisches Asyl zu erhalten, dennoch als gering ein. Der Schritt mache keinen Sinn, sagte die auf Auslieferungsrecht spezialisierte britische Anwältin Karen Todner. Und auch Michael Scharf von der Case-Western-Reserve-Universität im US-Staat Ohio sagte: „Ich denke, sie werden ihn bitten, das Botschaftsgelände wieder zu verlassen.“ Im Rundfunksender SR sagte der schwedische Anwalt von Assange, Thomas Olsson, am Mittwoch, er sei „total überrascht“. Weitere Kommentare könne er erst abgeben, wenn er über „ausreichend Informationen“ verfüge. (dapd, dpa)

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