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Soldaten der ukrainischen Streitkräfte laden Raketen in einen BM-21 Grad-Mehrfachraketenwerfer.

© Uncredited/Ukrinform/dpa

Ukraine-Invasion Tag 181: Schicken die USA Kiew heimlich Superraketen?

Szenarien für den Kriegsverlauf, Scholz kündigt weitere Waffenlieferungen an. Der Überblick am Abend.

Welche Waffen die USA an die Ukraine liefern, ist eigentlich klar. Offen wie kaum ein anderes Land kommuniziert Washington die Sendungen an Kiew. Der Presse werden akkurat geführte Listen geschickt, die zeigen, was die Ukraine im Kampf gegen Russland stärkt. Aber steht wirklich alles auf diesen Listen, was die USA schicken?

Die Angriffe auf die Militärbasen auf der Krim haben Zweifel daran aufkommen lassen. Offiziell verfügt die Ukraine nicht über Raketen mit entsprechender Reichweite. In Frage käme ein neues Raketensystem, Grom-2, das die Ukraine selbst entwickelt hat. Ob es wirklich schon einsatzfähig ist, ist unbekannt.

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Entsprechend groß ist die Gemeinde unter den Beobachtern, die annimmt, die USA hätten Kurzstreckenraketen für die Himars-Systeme geschickt. Die sogenannten Atacms (Army Tactical Missile System) haben eine Reichweite bis zu 300 Kilometern, die US-Lager sind gut gefüllt mit den Raketen; auch älteren Modellen, die nicht mehr gebraucht werden.

Offiziell hält sie Washington zurück aus Furcht, sie könnten Moskau provozieren und einen großflächigeren Krieg auslösen. Aber hat Biden die Waffen vielleicht unter der Hand geschickt?

Zweifel an der Vollständigkeit der Listen kamen in den vergangenen Tagen auf, weil zum Beispiel Raketen nicht aufgeführt waren, die speziell gegen Radarsysteme eingesetzt werden können. Auch spezielle Artilleriemunition mit größerer Reichweite, die inzwischen in der Ukraine im Einsatz ist, hatten die USA nicht angegeben.

Fotos aus der Ukraine von beiden Raketensystemen waren in den vergangenen Wochen in den sozialen Netzwerken aufgetaucht. Vom Einsatz der Atacms fehlt bisher allerdings jeder Bildbeweis.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick:

  • Freiwillige Ukraine-Kämpfer klagen über Missstände in der Internationalen Legion: Soldaten in Diensten der Ukraine beschuldigen die Führer einer Einheit etlicher Vergehen. Sie sollen etwa Soldaten auf Selbstmordmissionen geschickt haben. Mehr hier.
  • Deutschland will ersten Leopard-Panzer noch in diesem Jahr liefern: Die Slowakei will sowjetische Panzer an die Ukraine liefern. Im Gegenzug soll das Land Material aus deutscher Produktion erhalten. Mehr hier.
  • Vermehrte Vorfälle mit russischen Militärflugzeugen über Ostsee: Mit der Nato solle man sich besser nicht anlegen, warnt der deutsche Luftwaffenchef. Denn über der Ostsee werden zunehmend mehr russische Flieger gesichtet. Mehr hier.
  • Bundeskanzler Olaf Scholz hat in Kanada neue umfangreiche Waffenlieferungen an die Ukraine angekündigt. Nach Informationen von Reuters aus Teilnehmerkreisen sagte Scholz am Dienstag in Toronto bei einer Online-Konferenz zur Ukraine, dass Deutschland etwa zusätzliche drei Iris-T-Systeme, ein Dutzend Bergepanzer, 20 Raketenwerfer sowie Präzisionsmunition und Antidrohnengeräte liefern wolle. Die Lieferungen sollten im Jahr 2023, teilweise aber auch früher erfolgen. Das Volumen betrage mehr als 500 Millionen Euro. Mehr in unserem Newsblog.
  • Die Ukraine wird nach den Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj keinem Vorschlag zum Einfrieren der gegenwärtigen Frontlinien zustimmen, um die Regierung in Moskau „zu beruhigen“. Selenskyj warnt zudem bei einer Pressekonferenz die Welt davor, des Krieges müde zu werden. Dies würde die ganze Welt in Gefahr bringen.
  • Ein erster Zug mit 1200 Tonnen Mais aus der Ukraine ist am Dienstag am Getreideterminal Rostock (GTR) entladen worden. Der 450 Meter lange Zug mit 21 Waggons kam am Vormittag an. „Es ist ein Testzug. Vier weitere sollen noch folgen“, sagte GTR-Standortleiter Jacob Lubig. Der Futtermais wurde an der ukrainisch-polnischen Grenze umgeladen und dann von der Güterbahn DB Cargo via Polen nach Rostock gebracht.
  • „Es hat vieles zu lange gedauert“, kritisiert Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) die langwierigen deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine. Im „Spiegel“ forderte sie, dass Deutschland Kiew langfristig mit Waffensystemen versorgen müsse und dabei temporär auch Einschnitte bei der Bundeswehr in Kauf nehmen müsse.
  • Fast auf den Tag genau ein halbes Jahr nach Kriegsbeginn rollt in der Ukraine wieder der Ball. Mit der Begegnung zwischen Schachtjor Donezk und Metalist Charkiw nahm die höchste ukrainische Fußballliga am Dienstagmittag ihren Spielbetrieb wieder auf. Das Datum war kein Zufall, am offiziellen Tag der Staatsflagge sollten die Fußballer den kriegsgeplagten Ukrainern etwas Ablenkung verschaffen.
  • In der von Russland eingenommenen ukrainischen Stadt Mariupol könnten nach Informationen des UN-Menschenrechtsbüros schon in den kommenden Tagen Prozesse gegen ukrainische Gefangene starten. Die Sprecherin des Büros, Ravina Shamdasani, bezog sich am Dienstag in Genf auf Fotos und Videos in Medien, wonach in der Philharmonie von Mariupol Metallkäfige gebaut werden, in denen offenbar ukrainische Kriegsgefangene zur Schau gestellt werden sollen.
  • In der Diskussion um ein Einreiseverbot für russische Touristen nach Europa deutet Litauen einen möglichen Alleingang der an russisches Staatsgebiet grenzenden EU-Länder an. Estland, Lettland, Litauen, Polen und Finnland könnten russischen Touristen die Einreise verweigern, wenn kein EU-weites Verbot eingeführt werde, sagt der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis vor Journalisten in Vilnius.
  • Die Ukraine hat in den vergangenen vier Wochen seit Abschluss des Getreideabkommens mit Russland Hunderttausende Tonnen Lebensmittel per Schiff exportiert. Insgesamt haben 33 Frachtschiffe mit rund 719.549 Tonnen Lebensmitteln an Bord die Schwarzmeerhäfen verlassen können, wie das ukrainische Landwirtschaftsministerium am Dienstag mitteilte.
  • Hunderte Menschen haben am Dienstag in Moskau an einer Trauerfeier für die bei einem Anschlag getötete Tochter eines kremlnahen Ideologen, Daria Dugina, teilgenommen. Auch ihr Vater Alexander Dugin und seine Frau nahmen an der Feier in einem Saal des Ostankino-Fernsehzentrums teil. „Sie starb für das Volk, für Russland, an der Front. Die Front - sie ist hier“, sagte der ultranationalistische Intellektuelle zu Beginn der Zeremonie.
  • Kurz vor dem ukrainischen Unabhängigkeitstag haben die USA vor verstärkten russischen Angriffen auf zivile Infrastruktur und Regierungsgebäude in den nächsten Tagen in der Ukraine gewarnt. Die US-Botschaft in Kiew rief mit Verweis auf diese Warnung des Außenministeriums in Washington alle US-Bürger am Dienstag auf, „die Ukraine umgehend zu verlassen“ - unter Nutzung der zur Verfügung stehenden Landverbindungen.
  • Russland setzt nach Angaben des ukrainischen Militärs seine Angriffe im Gebiet um das größte europäische Atomkraftwerk in Saporischschja fort. Es habe erneut Artilleriebeschuss und Luftangriffe gegeben, teilte der Generalstab am Dienstag mit. Die US-Botschaft in Kiew warnte davor, dass Russland in den kommenden Tagen verstärkt Angriffe auf zivile Infrastruktur und Regierungseinrichtungen planen könnte.
  • Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat an die Deutschen appelliert, in der Auseinandersetzung mit Russland zu Opfern bereit zu sein. „Wir müssen Putin und den Diktatoren dieser Welt, die unser demokratisches Leben hassen und zerstören wollen, entschlossen entgegenstehen“, sagte die Verteidigungsexpertin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Das wird von uns allen auch persönlich Opfer erfordern, schwach sollten wir trotz alledem nicht werden.“
  • Wie in den Nächten zuvor war die russische Flugabwehr auf der Krim auch am Montag im Einsatz gegen mutmaßliche ukrainische Drohnen. Über Sewastopol, dem Heimathafen der russischen Schwarzmeerflotte, hörten Anwohner Explosionen. „Ein Objekt wurde in großer Höhe abgeschossen. Deshalb war der Krach in verschiedenen Teilen der Stadt zu hören“, schrieb Verwaltungschef Michail Raswoschajew auf Telegram. Meldungen über Schäden gab es nicht. In Kiew kündigte Selenskyjs Berater Mychajlo Podoljak an, die Intensität solcher Angriffe werde zunehmen.

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