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Ein russischer Soldat bedient eine Anti-Panzer-Rakete.

© IMAGO/SNA/RIA Novosti / Sputnik

Ukraine-Invasion Tag 280: Was russische Soldaten bei der „Ich will leben“-Hotline erzählen

Uniper will Gazprom in Verantwortung nehmen, Deutschland wird mehr Gepard-Panzer liefern. Der Überblick am Abend.

Immer wieder gibt es Berichte über die schlechte Moral unter den russischen Soldaten. Kiew hatte im September eine Hotline eingerichtet für jene Mitglieder der russischen Armee, die mit dem Gedanken spielen, zu desertieren. Die britische BBC bekam nun die Gelegenheit, Aufnahmen der Gespräche zu hören (Quelle hier).

Wie der Sender berichtet, gehen bei der „Ich will leben“-Hotline laut ukrainischer Regierung täglich bis zu 100 Anfragen ein, insgesamt sollen sich bereits mehr als 3500 Armeeangehörige und deren Familien gemeldet haben – seit dem Rückzug der Russen aus Cherson nimmt die Zahl der Anrufe noch zu.

Am Abend sei am meisten los, zitiert die BBC eine Telefonistin, die mit den Soldaten spricht. „Zuallererst hören wir eine Stimme, meist eine männliche“, erklärt sie. „Sie ist oft teils verzweifelt, teils frustriert, weil sie nicht ganz verstehen, wie die Hotline funktioniert oder ob es sich nur um ein abgekartetes Spiel handelt.“

Ein Soldat soll gefragt haben, ob er vor den ukrainischen Truppen „auf die Knie fallen“ solle und dass er nicht genau wisse, was er tun solle, wenn die Ukrainer kämen, wie er sich genau ergeben müsse. Ein anderer habe berichtet, dass er in Moskau lebe und zwar noch keinen Einberufungsbescheid erhalten habe, aber damit rechne. „Haben Sie einen Rat, was ich tun soll? Ich werde keine Ukrainer töten. Ich will mein Leben retten“, sagte er demnach der Hotline.

„Wir wollen vor allem die Teilmobilisierten ins Visier nehmen, die nicht nur nicht kämpfen können, sondern auch als Kanonenfutter herhalten müssen“, zitiert der Sender Vitalii Matviyenko, der das Projekt leitet. „Dieses Projekt wurde ins Leben gerufen, um ihr Leben zu garantieren, wenn sie sich freiwillig ergeben.“

Die wichtigsten Nachrichten des Tages

  • Der strauchelnde Energiekonzern Uniper versucht, den russischen Gazprom-Konzern wegen der fehlenden Gaslieferungen in die Verantwortung zu nehmen. Uniper hat ein Schiedsgerichtsverfahren gegen Gazprom Export vor einem internationalen Schiedsgericht beantragt, wie der Konzern mitteilte. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Die russische Armee soll in ihrem Krieg gegen die Ukraine etwa 1500 Offiziere verloren haben – darunter fast 160 Generäle und Oberste. Dem zugrunde lägen mehrere unabhängige Untersuchungen, berichtet der britische „Independent“. Mehr dazu erfahren Sie hier.
  • Deutschland wird der Ukraine nach Angaben eines Regierungssprechers weitere Gepard-Luftabwehrpanzer liefern. Im Gespräch mit Präsident Selenskyj habe Kanzler Scholz deutlich gemacht, „dass noch mal eine Anzahl von Gepard-Panzern in Richtung Ukraine auf die Reise geschickt werden kann“, sagte der Sprecher. Mehr dazu in unserem Newsblog.
  • In der spanischen Hauptstadt Madrid ist ein Mitarbeiter der ukrainischen Botschaft vermutlich durch eine Briefbombe verletzt worden. Ein Sprengsatz sei detoniert, als der Beschäftigte mit einem Brief hantiert habe, teilt die Polizei mit. 
  • US-Außenminister Antony Blinken hat die jüngsten russischen Angriffe auf zivile Ziele in der Ukraine als „barbarisch“ verurteilt. „In den letzten Wochen hat Russland mehr als ein Drittel des ukrainischen Energiesystems bombardiert und damit Millionen von Menschen in die Kälte getrieben“, sagte er zum Abschluss des Nato-Treffens.
  • Die Ukraine hat irritiert auf die Nennung der unerwartet hohen ukrainischen Kriegsverluste seitens der EU reagiert. Präsidentensprecher Serhij Nykyforow hob hervor, dass nur der Oberkommandierende der Streitkräfte, der Verteidigungsminister oder der Präsident belastbare Zahlen über die Verluste veröffentlichen können.
  • Die russische Armee hat nach eigenen Angaben in gut zwei Monaten seit der verkündeten Teilmobilisierung etwa 300.000 Reservisten und Freiwillige militärisch ausgebildet. Dazu seien 3000 Ausbilder eingesetzt, sagte Verteidigungsminister Sergej Schoigu in Moskau. 
  • Die russischen Streitkräfte haben kleinere Gebietsgewinne um die Stadt Bachmut erzielt. Das berichtet das Institute for the Study of War (ISW) in seinem täglichen Bericht. Die Experten gehen allerdings davon aus, dass die Fortschritte nicht so weitreichend sind wie von russischen Militärbloggern kommuniziert wurde.
  • Die EU will ein Sondergericht zur Ahndung von „Verbrechen Russlands“ in der Ukraine einrichten. Der europäische Staatenbund werde mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) „zusammenarbeiten und dabei helfen, ein Sondergericht einzurichten, das über die Verbrechen Russlands urteilt“, teilte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Twitter mit.
  • Britische Geheimdienste werten die Verschärfung eines russischen Gesetzes zu „ausländischen Agenten“ als Vorsichtsmaßnahme des Kremls mit Blick auf möglichen heimischen Widerstand gegen den Ukraine-Krieg. „Der Kreml handelt mutmaßlich präventiv, um größeren Widerstand in der Bevölkerung zu vermeiden“, hieß es im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums.
  • Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben an sechs Orten im östlichen Donbass ein Vorrücken russischer Truppen abgewehrt. Das teilte der Generalstab in Kiew am Morgen mit. Alle Abschnitte der Front in den Gebieten Luhansk und Donezk seien von russischer Artillerie unter Feuer genommen worden, hieß es. 
  • Russland beschuldigt die Ukraine, im an die Ukraine angrenzenden russischen Oblast Kursk ein Kraftwerk angegriffen zu haben. „Insgesamt wurden etwa elf Raketen gezündet. Ein Kraftwerk wurde getroffen“, teilte Gouverneur Roman Stawrowojt auf Telegram mit. 

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