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Am Freitag sollen neue Sanktionen gegen Russland in Kraft treten.

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Update

Ukraine-Konflikt: Auch USA verschärfen Sanktionen gegen Russland

Zunächst gab es Bedenken, doch jetzt haben sich die EU-Staaten auf neue Wirtschaftssanktionen gegen Russland geeinigt. Anschließend kündigten auch die USA eine Verschärfung der Maßnahmen an - unter Anderem gegen das größte russische Finanzinstitut.

Nach der Europäischen Union haben auch die USA eine weitere Verschärfung ihrer Sanktionen gegen Russland in der Ukraine-Krise angekündigt. Die mit der EU koordinierten Strafmaßnahmen würden sich gegen den russischen Finanz-, Energie- und Rüstungssektor richten, teilte US-Präsident Barack Obama am Donnerstag in Washington mit. Einzelheiten werde seine Regierung am Freitag bekanntgegeben. "Diese Maßnahmen werden Russlands politische Isolation sowie die wirtschaftlichen Kosten für Russland erhöhen", sagte Obama laut einer vom Weißen Haus veröffentlichte Erklärung.

Der US-Präsident warf Moskau vor, das Nachbarland im vergangenen Monat weiter "destabilisiert" zu haben. Dabei verwies er auf "die Präsenz schwer bewaffneter russischer Truppen in der Ostukraine". Ungeachtet der Einigung auf eine Waffenruhe fehlten noch "schlüssige Beweise" für eine Änderung der russischen Politik.

Sanktionen gegen Russlands größtes Finanzinstitut

Laut Nachrichtenagentur Reuters will die US-Regierung die Sberbank, das größte Finanzinstitut Russlands, mit Sanktionen belegen, wie dem Bericht zufolge mit den Plänen vertraute Personen am Donnerstag sagten. Bei fünf anderen russischen Geldhäusern, dazu zählten die VTB Bank, Gazprombank, Bank of Mosow, VEB und Russian Agriculture Bank, sollen die bereits bestehenden Strafmaßnahmen verschärft werden. Sberbank ist mehrheitlich in Besitz der russischen Zentralbank, rund 44 Prozent der Anteile halten ausländische Fonds. Das Geldhaus hält fast ein Drittel des Vermögens des russischen Bankensektors, es ist einer der größten Kreditgeber der russischen Wirtschaft und hält den höchsten Anteil an Spareinlagen in Russland.

Neue EU-Sanktionen gegen Russland ab Freitag

Die EU-Botschafter hatten am Donnerstag beschlossen, ein Anfang der Woche geschnürtes Sanktionspaket am Freitag in Kraft treten zu lassen. Kurz vor der Sitzung am Donnerstagnachmittag, die schließlich Klarheit brachte, hatte einer aus dem Kreis der 28 EU-Botschafter noch klare Worte gefunden: „Wir können uns diesen Eiertanz nicht länger leisten, wenn wir nicht unser Gesicht verlieren wollen.“ Was war geschehen? Auf Betreiben der Staats- und Regierungschefs, die am 30. August aufgrund der vorliegenden Indizien für eine aktive militärische Rolle Russlands in der Ukraine neue Sanktionen angekündigt hatten, einigten sich deren Brüsseler Botschafter vor Wochenfrist auf ein neues Paket von Strafmaßnahmen.

Es erschwert unter anderem den Zugang zu Krediten auf dem europäischen Markt für die großen Ölkonzerne und Rüstungsunternehmen in russischem Staatsbesitz. Zudem werden der Export militärisch wie zivil nutzbarer Güter zusätzlich eingeschränkt und weitere hochrangige Politiker mit einem Einreiseverbot und Kontensperren belegt. Am Montag dieser Woche formalisierte der Ministerrat den Beschluss im Umlaufverfahren.

So weit alles klar: Allerdings sagten einige Mitgliedstaaten Diplomaten zufolge zu diesem Zeitpunkt bereits „Ja, aber“, da zwischenzeitlich eine Waffenruhe in der Ukraine vereinbart worden war. „Es geht darum, jetzt nicht den Friedensprozess mit Sanktionen zu zerstören“, sagte ein EU-Diplomat dem Tagesspiegel. Deshalb wurde die Veröffentlichung des Sanktionsbeschlusses im EU-Gesetzesblatt, mit dem er in Kraft tritt, mehrfach hinausgezögert– am Montag, Dienstag und Mittwoch. Ein mit den Vorgängen vertrauter Beamter sagte, dieses Zurückhalten eines Beschlusses sei im europäischen Recht gar nicht vorgesehen: „Die italienische Ratspräsidentschaft hat uns da auf unbekanntes Terrain geführt.“

Die Rolle von Angela Merkel

In einem Telefonat am Donnerstagmorgen einigten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatschef Francois Hollande und der britische Premier David Cameron schließlich darauf, das Hin und Her in der Frage der Umsetzung beenden zu wollen. Merkel hatte tags zuvor im Bundestag bereits öffentlich eine Umsetzung des Beschlusses gefordert – entgegen der ihr sonst nachgesagten Milde gegenüber Moskau, da sie stets beteuert hat, den Gesprächsfaden zum russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht abreißen lassen zu wollen.

Ein möglicher Grund dafür könnten die neuesten Erkenntnisse der Nato sein, wonach sich noch immer 1000 russische Soldaten in dem Nachbarland befinden – was dem vereinbarten Friedensplan zuwiderliefe.der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hatte zuletzt gesagt, immerhin 70 Prozent der Moskauer Soldaten hätten das Territorium seines Landes verlassen.

20.000 russische Soldaten an der ukrainisch-russischen Grenze

Nach Erkenntnissen der Nato halten sich im Osten weiterhin "rund tausend russische Soldaten" auf. Ein Vertreter des Militärbündnisses erklärte am Donnerstag in Brüssel, darüber hinaus stünden weitere 20.000 russische Soldaten an der ukrainisch-russischen Grenze. Die in der Ukraine befindlichen russischen Soldaten seien mit "substanziellen" militärischen Mitteln ausgerüstet, erklärte der Nato-Offizier in einer Mitteilung. Die ukrainische Regierung und die prorussischen Separatisten, die große Gebiete im Osten des Landes kontrollieren, hatten eine Waffenruhe vereinbart, die am vergangenen Freitag in Kraft trat. Das Abkommen sieht unter anderem einen Gefangenenaustausch und eine "Entfernung aller illegalen bewaffneten Gruppen, aller schweren Waffen, Freischärler und Söldner von ukrainischem Territorium" vor.

Die Regierung in Kiew und der Westen werfen Russland vor, mit eigenen Soldaten in den Konflikt im Osten der Ukraine einzugreifen und die Separatisten militärisch zu unterstützen. Moskau bestreitet dies. In den vergangenen Monaten wurden bei den Kämpfen mehr als 2700 Menschen getötet. Mindestens 500.000 weitere ergriffen die Flucht.

Die Sanktionsskeptiker, angeführt von Russlands Nachbarn Finnland, die angesichts der hoffnungsvollen Zeichen in der Ukraine noch länger warten wollten, wurden mit einer politischen Erklärung beruhigt, die der EU-Ratspräsident Herman van Rompuy am Donnerstagnachmittag veröffentlichte. Darin wird klargestellt, dass bis spätestens Ende diesen Monats eine umfassende Überprüfung der beschlossenen Sanktionen stattfinden wird – abhängig von der Lage im östlichen Teil der Ukraine. (mit dpa/AFP/Reuters)

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