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Ein Protest-Transparent gegen Abschiebung.

© dpa

Umgang mit Gefährdern: SPD offen für längere Abschiebehaft und Fußfessel

Die Sozialdemokraten wollen Gesetzesverschärfungen prüfen. Derweil plädieren die Grünen plädieren dafür, mehr Druck auf Tunesien zu machen - damit das Land bei der Abschiebung besser kooperiert.

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Die SPD will gegen so genannte islamistische Gefährder in Zukunft deutlich schärfer vorgehen als bisher. „Es kann nicht sein, dass Gefährder abgeschoben werden sollen und trotzdem monatelang unbehelligt durch Deutschland gehen“, sagte der innenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Burkhard Lischka, am Freitag. Die SPD wolle nun rasch prüfen, wie der Druck auf Gefährder erhöht werden kann. Bereits heute ist es möglich, diese 18 Monate lang in Abschiebehaft zu halten, was von den Gerichten jedoch nur selten getan wird. Die SPD erwägt nun zu prüfen, warum die Gerichte das Strafmaß beinahe in keinem Fall ausschöpfen und ob es gesetzlicher Klarstellungen bedarf. Dazu sollen auch eine tägliche Meldefrist bei der Polizei, Aufenthaltsbeschränkungen und das Tragen einer Fußfessel gehören. „Wir müssen den Druck auf Gefährder erhöhen“, sagte Lischka.

Der Tunesier Anis Amri saß, obwohl erfolgloser Asylbewerber und von der Polizei als möglicher Gefährder beobachtet, vor dem Anschlag auf den Breitscheidplatz nicht in Abschiebehaft und konnte auch nicht in sein Heimatland abgeschoben werden. Politiker vor allem der Union nannten als einen Grund dafür, dass Tunesien, wie auch die anderen Maghreb- Staaten Algerien und Marokko, nicht als sicherer Herkunftsstaat eingestuft sei. Dies würde, so etwa Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer, das Asylverfahren verkürzen und könnte auch die Abschiebung vereinfachen. Aber die Grünen haben diese Einstufung im Bundesrat blockiert, der Gesetzentwurf wurde im Juni von der Tagesordnung genommen – und ist seither im schwebenden Verfahren.

Grüne plädieren für Geldentzug

Aber der Fall Amri wird den Druck auf die Partei erhöhen. In den vergangenen Tagen versuchten führende Grüne daher, die Debatte über Tunesien als sicheres Herkunftsland als Stimmungsmache zu qualifizieren. Parteichefin Simone Peter ist der Ansicht, der Fall Amri habe mit der Frage der Herkunftsländer nichts zu tun. Der Innenpolitiker Konstantin von Notz verwies darauf, dass Amri auch so hätte abgeschoben werden können. Parteichef Cem Özdemir zeigte mit dem Finger Richtung Tunis: Es sei ärgerlich, dass das Land mit der verzögerten Ausstellung von Ersatzpapieren die Abschiebung Amris verzögert habe.

Özdemir schlug als Reaktion indirekt finanzielle Maßnahmen vor. „Es kann nicht sein, dass manche Länder für Unterstützung dankbar sind, aber sich weigern, Verbrecher aus ihren Ländern wieder aufzunehmen“, sagte er der „Bild“-Zeitung. Amri war 2011 in Tunesien wegen Raubes zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden, setzte sich aber nach Italien ab. Noch deutlicher wurde Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Zur Frage, ob man dem nordafrikanischen Land deutsche Unterstützung kürzen sollte, sagte sie am Freitag im „Morgenmagazin“ des ZDF: „Wenn man die Regierung treffen kann, bin ich sehr dafür, auch solche Mittel anzuwenden.“

In der Bundesregierung hält man das jedoch nicht für den richtigen Weg. Ein Sprecher von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sagte, es gebe in der Zusammenarbeit mit Tunesien „gute Entwicklungsfortschritte“. Es mache daher keinen Sinn, diese durch die Einstellung von Projekten oder von Finanzierungen zu stoppen. Zu einer „vertrauenswürdigen Zusammenarbeit“ gehöre aber auch, Verpflichtungen zur Rücknahme von Staatsbürgern einzuhalten. Ein Sprecher des Innenministeriums ergänzte, die Kooperationsbereitschaft sei nach dem Besuch von Ressortchef Thomas de Maizière (CDU) in Tunis im April besser geworden. 2015 habe es nur 17 Abschiebungen nach Tunesien gegeben, 2016 seien es 117 gewesen.

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