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Umstrittenes Thesenpapier: Diakonie wettert gegen Kochs "Anstandskatalog"

Roland Kochs Vorstellungen zur Ausländerintegration sorgen weiter für Aufregung. Kritik kommt jetzt auch von der evangelischen Kirche. Diakonie-Vorstand Bernd Schlüter spricht von "erheblichem gesellschaftlichen Schaden" und "haarsträubenden Beispielen".

Bernd Schlüter, sozialpolitischer Vorstand des Diakonischen Werks, kritisierte in der "Frankfurter Rundschau" insbesondere die Passage zur Ausländerintegration in Kochs "Anstandskatalog". Dort erwähnt der hessische Ministerpräsident "Hausschlachtungen in der Wohnküche" und "ungewohnte Vorstellungen zur Müllentsorgung", die nicht mit "unseren Sitten und Gebräuchen" vereinbar seien.

Das Vorstandsmitglied des Diakonischen Werkes sprach von einem "unanständigen Anstandskatalog zu Wahlkampfzwecken, der erheblichen gesellschaftlichen Schaden anrichten kann". Koch habe für seine Pauschalierungen "haarsträubende Beispiele" herangezogen. Schlüter kritisierte auch, dass sich Koch als "akzeptierter Sprecher einer schweigenden Mehrheit von Deutschen" bezeichnet hatte. Koch mache Stimmung auf "fragwürdigem Niveau", sagte Schlüter. "Stattdessen sollten wir besser schauen, wie wir mit einer vernünftigen Bildungs- und Sozialpolitik bestimmte Gruppen wieder an die Mitte der Gesellschaft heranführen."

Schäuble gegen Verschärfung des Jugendstrafrechts

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble widersprach unterdessen Kochs Forderungen nach einer Verschärfung des Jugendstrafrechts. Er sieht eher Defizite bei der "konsequenten Anwendung" der vorhandenen Möglichkeiten durch die Gerichte. Die Gewalttäter, die jüngst einen Rentner in der Münchner U-Bahn brutal zusammengeschlagen haben, seien bereits sehr oft mit dem Gesetz in Konflikt gekommen, ohne dass sie dafür ausreichend bestraft worden seien. Deswegen stellt sich für ihn eher die Frage nach den direkten Konsequenzen für Straftaten und "nicht die Frage von Verschärfungen" im Strafrecht, so Schäuble.

Koch, der sich im Landtagswahlkampf befindet, fordert hingegen die Anwendung des Erwachsenenstrafrechts auf Jugendliche ab 18 Jahren als Regelfall, eine Anhebung der Höchststrafe bei Heranwachsenden von zehn auf 15 Jahre sowie die Möglichkeit zur Sicherungsverwahrung auch bei Heranwachsenden. Koch verlangt zudem, Ausländer müssten bei einer Mindesthaftstrafe von einem Jahr ausgewiesen werden können. Der hessische Ministerpräsident schrieb in einem Thesenpapier: "Lieber drei Tage Gefängnis als Warnschuss für einen jungen Gewalttäter als eine lebenslange kriminelle Karriere." Außerdem solle das Fahrverbot eine eigenständige Sanktion werden.

Schäuble sieht die zunehmende Gewalt durch Jugendliche nicht als spezielles Problem von ausländischen Tätern. Der Anstieg der Gewalttaten sei unter deutschen und ausländischen Jugendlichen "parallel", sagte der Bundesinnenminister. Diese verstärkte "Neigung zu Gewalt" müsse durch Erziehung unterbunden werden. Wenn Familien nicht in der Lage seien, ihre Kinder "richtig zu erziehen", müsse eben der Staat eingreifen. Hier sehe er als Grundlage vor allem das Jugendhilferecht. (smz/dpa/ddp)

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