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Politik: Umweltberater der US-Regierung fälscht Klimaberichte

Ein früherer Erdöl-Lobbyist wacht im Weißen Haus über die Erkenntnisse von Forschern – und ändert sie bei Bedarf

Berlin/Washington - Dass die amerikanische Regierung wissenschaftliche Studien zum Klimawandel gefälscht hat, ist schon länger bekannt. Doch nun hat ein ehemaliger Mitarbeiter des US-Klimaforschungsprogramms der „New York Times“ Unterlagen zugespielt, die zeigen, wie die Umweltberater der Regierung von George W. Bush im Detail arbeiten.

Ein früherer Lobbyist der Erdölindustrie, der seit 2001 Chef-Umweltberater im Weißen Haus ist, hat in den Jahren 2002 und 2003 Regierungsberichte von Wissenschaftlern zum Klimawandel im Sinn so verändert, dass sie zur Politik seiner Regierung passten. Nachdem die Regierung Bush aus dem Kyoto-Protokoll ausgestiegen war, bemühten sich die amerikanischen Unterhändler stets, Zweifel an den wissenschaftlichen Fakten zu streuen. Es sei gar nicht so klar, ob tatsächlich der Ausstoß von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2) die globale Erwärmung auslöse, es könnten doch auch die Sonnenaktivität oder andere natürliche Ursachen Schuld daran sein, argumentierten sie. Da nicht einmal die von der amerikanischen Regierung bezahlten Klimaforscher diese Auffassung teilten, musste Regierungsberater Philipp A. Cooney eben selbst tätig werden. Manchmal sind seine Änderungen eher subtil. In einem Satz, in dem mögliche Unsicherheiten über einzelne Aspekte des Klimawandels angesprochen werden, fügte er die Adjektive „grundlegende und bedeutende“ vor dem Wort „Unsicherheiten“ ein. Oder im Satz „Die Zuordnung der Ursachen für biologische und ökologische Veränderungen zum Klimawandel ist schwierig“, machte Cooney das „schwierig“ zu einem „extrem schwierig“.

Einen Absatz über die Folgen des Klimawandels für die Polarregionen sowie das Schmelzen von Gletschern in den Bergen und die veränderten Schneebedingungen strich Cooney ganz. Handschriftlich findet sich seine Notiz neben dem Text, dies seien „Spekulationen und Vermutungen“. Das sehen die meisten ernsthaften Klimaforscher anders. Zwar gibt es über Details nach wie vor Streit unter den Wissenschaftlern. Doch in der Grundannahme, dass der Klimawandel vom Menschen verursacht ist, und die Weltgemeinschaft deshalb dringend handeln sollte, sind sich fast alle einig. Nur so sei eine nicht mehr beherrschbare Erwärmung von mehr als zwei Grad im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung zu verhindern.

Erst am Mittwoch haben elf wichtige wissenschaftliche Akademien von Brasilien bis Russland, und auch die Nationale Akademie der Wissenschaften der USA, in einer gemeinsamen Erklärung die wichtigsten Industriestaaten, G8, die sich Anfang Juli im schottischen Gleneagles treffen, aufgefordert, sofort mehr für den Klimaschutz zu tun. Die G-8-Staaten sollten Führungsstärke zeigen und den weltweiten Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben, heißt es in der Erklärung. Und vor allem sollten die wichtigsten Staatschefs der Welt „anerkennen, dass die Gefahren des Klimawandels eindeutig und zunehmend sind“. Das war klar an Bush gerichtet, der allerdings seinen Waffenbruder im Irak, den britischen Premierminister Tony Blair, in der Klimafrage auch künftig nicht unterstützen will. Vor dem G-8-Gipfel sprach sich Bush erneut für „freiwillige Maßnahmen“ zum Schutz des Klimas aus. Obwohl sich in den USA immer mehr Staaten und Städte, aber auch große Industriekonzerne auf Klimaziele verpflichten, ist diese Nachricht offenbar noch immer nicht im Weißen Haus angekommen. Warum, darüber braucht nun nicht mehr spekuliert zu werden. Die Regierung in Washington wird den Klimawandel wohl auch künftig weiter herunterspielen. Die richtigen Umweltberater dafür hat sie ja.

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