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Umweltpolitik: Kernkraft als Kernkonflikt

Die Prognosen sind düster: Dürrekatastrophen, steigende Meeresspiegel. Die gesamte Welt ist vom Klimawandel bedroht. Die Umwelt- und Klimapolitik nimmt darum in den Umweltprogrammen der meisten Parteien in Deutschland eine besondere Stellung ein.

Berlin - Wie sie gegen Treibhausgase und die Erderwärmung kämpfen wollen, unterscheidet sich aber erheblich. Der neu entflammte Streit um die Zukunft der Atomenergie ist ein deutliches Zeichen dafür. Grund genug, vor der Wahl einen genauen Blick auf die Vorhaben der Parteien zu werfen.

Die Reduktion der Treibhausgase in der Europäischen Union um 20 Prozent bis 2020 im Vergleich zu 1990 sieht die FDP als „ersten wichtigen Schritt“, um den Klimawandel zu stoppen. Mindestens um 40 Prozent will die SPD die Emissionen in Deutschland bis 2020 im Vergleich zu 1990 senken, wie auch CDU/CSU und Grüne. Die Ambitionen für eine Reduzierung der Treibhausgase liegen bei der Linken besonders hoch. Bis 2020 soll der Ausstoß der Treibhausgase durch eine höhere Energieausbeute und regenerative Stromerzeugung im Vergleich zu 1990 halbiert werden.

Die Nutzung der Kernenergie ist für die FDP ein klimafreundlicher Übergang zur regenerativen Energiegewinnung. Denn sie sei frei von Kohlendioxid-Emissionen. Mit der Union wollen sie darum den Atomkonsens kündigen und die Laufzeiten der Atommeiler verlängern. Die Linke will eine ökologisch-technische Revolution. „Mal richtig abschalten“ heißt es deshalb auch beim Thema „Atomstrom“. Dafür rief sie zur Teilnahme an der großen Anti- Atom-Demonstration am Samstag in Berlin auf. An der nahm auch Renate Künast für die Grünen teil. „Hunderte Milliarden Euro geben wir für die Atomenergie aus – an Forschungsgeldern und an Subventionen für den Bau solcher Kraftwerke“, sagte sie. Investieren sollte man in erneuerbare Energielösungen. Das meint auch die SPD. Spätestens 2021 sollten – wie im Atomgesetz vorgesehen – alle Meiler vom Netz gehen, fordern die Sozialdemokraten. Einen Weg zu einer sicheren Lagerung des hoch radioaktiven Atommülls kann bisher keine Partei weisen.

Im Moment produzieren Kernkraftwerke noch mehr als 20 Prozent des Stromes, der in deutsche Kühlschränke, Glühlampen oder Elektroherde fließt. Bei einem möglichen Ausstieg müssen Alternativen her. Welche das sind, ist zwischen den Parteien umstritten.

Für Union, FDP und SPD steht fest: Ohne Kohle geht es nicht. Um die Versorgungssicherheit zu garantieren, fordern sie den Neubau effizienterer Kohlekraftwerke. Im Vergleich zu Kernkraftwerken erzeugen die aber deutlich mehr klimafeindliches CO2. Schwarz, Rot und Gelb setzen darum auf Techniken wie CCS – die Abscheidung und Deponierung von Kohlendioxid in unterirdischen Speichern. Allerdings gibt es dagegen fast überall, wo eine Erkundung geplant ist, massive Proteste der Bürger.

Linke und Grüne sehen in der CCS- Technik die Fortführung einer „verfehlten Politik“. Die Speicher stellten, ganz wie das geplante Atomendlager in Gorleben und das ehemalige Forschungsendlager Asse, Gefahren für nachfolgende Generationen dar. Vor allem blockierten diese Speicher aber die Entwicklung erneuerbarer Energien. Leichtfertig ablehnen wollen die Grünen die Technologie angesichts der Situation des Weltklimas trotzdem nicht. Die Entwicklung von CCS dürfe aber nicht an den Neubau von Kohlekraftwerken gekoppelt werden.

Solarstrom, Geothermie – langfristig wollen alle Parteien den Wechsel zu alternativen Energiequellen vorantreiben. Die FDP plant, ihren Anteil am Strommix bis 2020 auf 20 Prozent zu steigern. Union und SPD setzen sich das ambitioniertere Ziel von mehr als 30 Prozent. Die Grünen wollen mindestens 40 Prozent der Strom- und 30 Prozent der Wärmeproduktion auf erneuerbare Energien umstellen.

Union und SPD wünschen sich, dass bis 2020 mit dem grünen Strom eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen rollen. Sie wollen dafür 500 Millionen Euro investieren. FDP und Grünen ist das allerdings nicht genug: Sie fordern zusätzliche Kaufanreize für die E-Flitzer. Die Linke findet Staatshilfen für Elektroautos dagegen unnötig und setzt auf strengere Grenzwerte für den CO2-Ausstoß von Autos. Sie will, wie die Grünen auch, weniger Raser auf deutschen Autobahnen: Tempo 120 ist ihr Ziel.

Einigkeit scheint es nur in einem zu geben: Eine globale Erwärmung um über zwei Grad im Vergleich zum Jahr 1850 wollen alle Parteien verhindern.

Robin Rothweiler, Issio Ehrich

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