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UN-Flüchtlingskonferenz: "Vier Millionen Iraker blicken auf uns"

Millionen irakischer Flüchtlinge bedürfen nach Einschätzung der Vereinten Nationen dringend internationaler Hilfe. Die Organisation Human Rights Watch sieht insbesondere die USA und Großbritannien in der Pflicht.

Genf - Angesichts von vier Millionen irakischen Flüchtlingen und der Überlastung zahlreicher Aufnahmeländer hat die internationale Staatengemeinschaft die bislang größte Hilfsanstrengung eingeleitet. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon appellierte zu Beginn einer zweitägigen Konferenz des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Genf vor allem an die Nachbarstaaten des Irak, die Flüchtlinge nicht abzuweisen. Die Organisation Human Rights Watch (HRW) forderte die USA und Großbritannien auf, sich aufgrund ihrer Sonderrolle im Irak-Konflikt für die Flüchtlinge des Landes einzusetzen. An der Konferenz nahmen 450 Vertreter aus rund 60 Staaten teil.

Laut Human Rights Watch (HRW) kommt den USA und Großbritannien "eine besondere Verantwortung" zu, "den Vertriebenen innerhalb und außerhalb des Irak zu helfen". "Sie haben einen Krieg geführt, der direkt tausende Tote, Angst und Leiden verursacht hat und der zu Vertreibungen geführt hat", sagte der HRW-Flüchtlingsbeauftragte Bill Frelick. Der Irak-Krieg habe einen "sektiererischen Konflikt" nach sich gezogen, der in großem Ausmaß Gewalt, Verfolgung und Fluchtbewegungen verursacht habe, sagte Frelick weiter. Die Nachbarstaaten bauten zunehmend Hürden für die irakischen Flüchtlinge auf, so dass den Irakern keine Fluchtmöglichkeiten blieben.

Ban Ki Moon setzt auf internationale Unterstützung

Ban sagte, die Nachbarstaaten des Irak könnten mit der Öffnung ihrer Grenzen zum Schutz der Flüchtlinge beitragen. "Ich hoffe, diese Konferenz wird internationale Unterstützung dafür bekommen, ihnen mehr Hilfe und Unterstützung zu geben und ich hoffe, sie wird Ressourcen mobilisieren, um den dringend benötigten Schutzraum aufzubauen", sagte der UN-Generalsekretär. "Für die Nachbarstaaten bedeutet dies, die Grenzen offen zu halten und das Prinzip zu wahren, dass die Rückkehr nicht erzwungen wird." Ban forderte auch entfernter liegende Staaten auf, irakische Flüchtlinge aufzunehmen.

Hilfsorganisationen bemängeln, dass einzelne Staaten keine irakischen Flüchtlinge mehr einreisen lassen. Aber auch Regionen im Irak selbst riegeln sich gegen vertriebene Landsleute ab, wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) kritisierte. Demnach schicken etwa die Hälfte der 15 irakischen Regionen im Zentrum und im Süden des Landes Flüchtlinge aus anderen Regionen weg. "Diejenigen, die vor Gewalt und Bedrohungen fliehen, brauchen dringend Hilfe", sagte der IOM-Chef in Bagdad, Rafiq Tschannen. "Wenn sie die nicht im eigenen Land erhalten, fliehen sie in die Nachbarländer, die schon jetzt zwei Millionen irakische Flüchtlinge beherbergen und stark überlastet sind."

Laut UNHCR befinden sich derzeit vier Millionen Iraker auf der Flucht. Davon hält sich etwa die Hälfte im Ausland auf, die Nachbarländer Jordanien und Syrien tragen mit fast zwei Millionen irakischen Flüchtlingen die Hauptlast. Jeden Monat kommen weitere 50.000 hinzu. Das UNHCR strebt auf der Konferenz an, in erster Linie die für dieses Jahr veranschlagten 60 Millionen Dollar (rund 44,3 Millionen Euro) an Hilfsgeldern zusammenbekommen. Die Geberländer sollen nach dem Willen der Organisation auch den Aufnahmeländern direkt helfen.

Guterres: Wir alle sind gezwungen zu handeln

UN-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres lobte in seiner Eröffnungsrede die "großzügigen" bisherigen Bemühungen Jordaniens und Syriens. Die Staaten hätten weitgehend ohne internationale Hilfe Flüchtlinge beherbergt. Es sei an der Zeit, dass sich die internationale Gemeinschaft nun solidarisch zeige und den Flüchtlingen und den Aufnahmeländern großzügig helfe.

"Fast vier Millionen Iraker blicken heute auf uns. Ihre Not ist so offensichtlich wie der moralische Imperativ zu helfen. Wir alle - Vertreter von Regierungen, internationalen Organisationen und der Zivilgesellschaft - sind nun gezwungen zu handeln", sagte Guterres.

Guterres bezeichnete die irakischen Vertriebenen als "die größte städtische Flüchtlingsbevölkerung in der Geschichte des UNHCR". Die Flüchtlinge seien nicht in großen Lagern untergebracht, sondern von den Kommunen aufgenommen worden. Daher sei die riesige Fluchtbewegung trotz der breiten Berichterstattung über den Irak-Konflikt nahezu unbemerkt geblieben.

Das Hilfswerk Caritas International forderte Deutschland auf, seine Hilfe aufzustocken. Das Auswärtige Amt hatte am Montag mitgeteilt, es stelle 2,2 Millionen Euro humanitäre Hilfe für irakische Flüchtlinge im In- und Ausland zur Verfügung. (tso/dpa/AFP)

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