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Politik: Und plötzlich geht das Fenster auf

Für die Sicherheitskräfte gibt es nur wenige Schrecksekunden – auch ein Verkehrschaos bleibt aus.

Minuten, bevor Präsident Obama das Rednerpult am Brandenburger Tor betritt, herrscht Alarmstimmung auf den umliegenden Dächern. Ein Dutzend Männer vom Spezialeinsatzkommando – darunter die Präzisionsschützen – visiert mit Ferngläsern eine Frau an. Sie hat im obersten Stock des Eckbaus am Pariser Platz das Fenster geöffnet, lehnt sich an die Balkonbrüstung und guckt in aller Seelenruhe raus. Minutenlang. Doch an diesem Tag, an diesem Ort ist das strikt verboten; die Polizei hat es angewiesen. Schließlich macht sich ein Polizist an der Dachkante direkt über ihr bemerkbar. Die Frau schließt das Fenster. Dabei steht Präsident Obama hinter dickem, schusssicherem Panzerglas. Auf der Straße des 17. Juni hat die Polizei einen Sperrriegel aus Räumpanzern und Mannschaftswagen errichtet. Niemand soll zum Beispiel mit einem Sprengstofflaster durchbrechen während des entscheidenden Termins des Präsidentenbesuches.

4500 Menschen schwitzen teilweise seit Stunden auf dem schattenlosen Platz. Alle waren im einem Zelt am Bahnhof Friedrichstraße streng kontrolliert und durchsucht worden, anschließend mussten sie zu Fuß durch einen von hunderten Polizisten bewachten vergitterten Gang zum Pariser Platz laufen. Auch die Sprengstoffexperten der Berliner Polizei waren mit einem Spezialfahrzeug vor Ort, um bei verdächtigen Gegenständen schnell eingreifen zu können. Zweimal hatte es am Mittwoch kurz Aufregung in den Sperrgebieten gegeben, in der John-Foster-Dulles-Allee wurde mittags im Gebüsch ein Stück einer Weltkriegsgranate gefunden – weil intensiv gesucht worden war. Am Sony-Center fiel am Nachmittag ein leerer Legokarton als verdächtig auf. Doch beides war ungefährlich, wie sich schnell herausstellte – und hatte auch gar nichts mit Obama zu tun.

Knapp 6000 Polizisten waren am Mittwoch im Einsatz, doppelt so viel wie bei Obamas Landung am Dienstagabend. Das ist zu sehen, zu spüren. Viel mehr Polizisten säumen die Routen, auf denen sich Obama bewegt, nach Bellevue, zum Kanzleramt, zum Pariser Platz und zum Schloss Charlottenburg. Während des Abschiedsdinners im Schloss waren der Park und das Terrain rundherum zwischen Richard-Wagner-Platz und S-Bahnhof Westend weiträumig abgesperrt.

Autofahrer mussten am Mittwoch naturgemäß länger warten als noch am Ankunftstag. Teilweise wurden Straßen deutlich vor der Ankunft der Wagenkolonne gesperrt. Vor allem in Mitte brach der Verkehr zusammen, viele Straßen waren ganztägig gesperrt. Die BVG hatte alle Buslinien in der östlichen Innenstadt zwischen Alexanderplatz und Philharmonie eingestellt. In Mitte hielten am S-Bahnhof Brandenburger Tor seit dem frühen Morgen keine Züge mehr.

Letztlich gelang es der Polizei, die Auswirkungen auf das Stadtleben zu minimieren. Am Potsdamer Platz waren die Gehwege zwar überwiegend gesperrt, doch von Gegenüber hatten Schaulustige einen guten Blick auf das Hotel. Am Abend fielen dann die Sperren, nachdem die Familie Obama um 22.11 Uhr von Tegel gestartet war. Da entspannte sich die Stadt, der Verkehr kam wieder ins Rollen.

Mitarbeit: tabu, kat

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