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Ärzte äußern unter #nichtmeinärztetag Kritik: Wie sinnvoll sind Impfungen bei Kindern?

Spahn will Kindern bis Ende der Sommerferien ein Impfangebot machen. Unklar ist, wie sehr das zu einer generellen Eindämmung der Pandemie beiträgt.

In Sozialen Netzen wie Twitter kursiert aktuell der Hashtag  #nichtmeinärztetag. Bisher 19 Ärztinnen und Ärzte kritisieren dabei in jeweils einminütigen Videos den Beschluss des Deutschen Ärztetags vergangener Woche. Der Ärztetag hatte für schnelle Impfungen von Kindern gegen das Coronavirus argumentiert.

Der Verein „Ärzte für individuelle Impfentscheidung“ hatte dazu aufgerufen, sich an der Aktion zu beteiligen. Sie ist angelehnt an die Initiative #allesdichtmachen, in der 50 Schauspieler:innen vor wenigen Wochen auf ironisch-sarkastische Art und Weise die Corona-Schutzmaßnahmen kritisierten.

Die beteiligten Ärzte stellen allerdings nur eine sehr kleine Minderheit dar: In Deutschland waren laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung 2019 mehr als 525.000 Ärztinnen und Ärzte tätig. Dennoch herrscht auch unter Experten Uneinigkeit darüber, wann und unter welchen Umständen mit Kinderimpfungen begonnen werden kann.

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Nachdem der Impfstoff von Biontech/Pfizer in den USA und in Kanada bereits für Kinder und Jugendliche im Alter von 12-15 Jahren zugelassen wurde, kommt dieser Schritt auch in Deutschland näher. Das Pharmaunternehmen beantragte die Zulassung bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA bereits Ende April. Gegenüber dem Handelsblatt sagte die Chefin der Behörde, Emer Cooke, sie rechne mit einer Zulassung im Juni. „Wir versuchen, ob wir dies bis Ende Mai beschleunigen können“, erklärte sie weiter.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ist zuversichtlich, mit den Impfungen unter Kindern zügig voranschreiten zu können. Bis Ende der Sommerferien kündigte er an, dass Kindern zwischen 12 und 18 Jahren ein Impfangebot gemacht werden solle.

Auch andere Impfstoffhersteller untersuchen momentan, ob ihr Vakzin auch jüngere Menschen in Frage kommt. Laut tagesschau.de ist Moderna bereits im März in klinische Studien eingestiegen. Bis zum Sommer sollen erste Ergebnisse vorliegen.

Ähnlich verhält es sich beim britisch-schwedischen Vakzin von AstraZeneca und der Universität Oxford. Seit Februar wird er an 300 Freiwilligen im Alter von 6 bis 17 Jahren getestet. Auch hier werden die Ergebnisse im Sommer erwartet. Ob es in Deutschland zu einer Zulassung des Astrazeneca-Impfstoffs für Kinder kommen wird, ist allerdings fraglich: Momentan ist er nur für Menschen über 60 empfohlen.

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Unklar ist, wie sinnvoll und notwendig Impfungen bei Kindern sind. So haben Kinder bei einer Infektion mit dem Virus häufig milde oder gar keine Symptome. Seit Beginn der Pandemie sind nur 1200 Kinder aufgrund einer Corona-Erkrankung im Krankenhaus eingeliefert worden. Darunter kam es zu vier Todesfällen. Die Zahlen stammen aus einer Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) und der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH).

Langzeitfolgen auch bei Kindern

Doch auch symptomlose Verläufe können unter Kindern zu schwerwiegenden Langzeitfolgen führen. Ein Beispiel hierfür ist das Pediatric Inflammatory Multisystem Syndrome (PIMS), das eines von 1000 infizierten Kindern betrifft. Vier bis sechs Wochen nach der Infektion kommt es zu hohem Fieber, Herzproblemen, Darmproblemen und Hautausschlag. Laut DGPI kam es bisher zu 245 solchen Fällen. Sieben der betroffenen Kinder haben Folgeschäden behalten.

Zudem seien Impfungen für Kinder notwendig, um „das Recht auf Bildung im Winter 2021/2022 zu gewährleisten“, wie der Deutsche Ärztetag vergangene Woche in einem Beschluss erklärte. Darin forderten die Ärztinnen und Ärzte die Bundesregierung dazu auf, „unverzüglich eine Covid-19-Impfstrategie für Kinder und Jugendliche zu entwickeln.“

„Ohne rechtzeitige Impfung, insbesondere auch für jüngere Kinder, führe ein erneuter Lockdown für diese Altersgruppe zu weiteren gravierenden negativen Folgen für die psychische Entwicklung.“, erklären sie. „Es geht dabei nicht nur um entstandene schulische Bildungsdefizite, sondern mehr noch darum, dass viele Kinder wichtige Entwicklungsphasen in sozialer Isolation erlebt haben“, so Dr. Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer

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Unklar bleibt allerdings, wie viel die Impfung von Kindern zu einer generellen Eindämmung der Pandemie beiträgt. So erklärte der Virologe Christian Drosten im ZDF, dass in Großbritannien die Infektionszahlen in Schulen nicht steigen würden, obwohl sie wieder geöffnet und Kinder nicht geimpft seien. Eltern und Erwachsene hingegen sind zu großen Teilen geimpft.

Weitere Studienergebnisse für Empfehlung nötig

„Das bestätigt den Großteil der Befunde, die nicht nur in der Welt, sondern auch in Deutschland zusammengefasst wurden, dass die Hauptinfektionsrichtung von den Erwachsenen zu den Kindern geht und nicht umgekehrt von den Kindern zu den Erwachsenen", sagt auch der Epidemiologe Klaus Stöhr gegenüber nTV.de.

Falls sich der Trend also bestätigt, dass die Infektionszahl unter Kindern ohnehin nachlässt, wenn mehr Erwachsene geimpft sind, müsste man neu zwischen Nutzen und Risiko abwägen. So mahnt auch Martin Terhardt von der Ständigen Impfkommission (Stiko) in einem Interview mit dem MDR dazu, zurückhaltend mit Ankündigungen zu Kinderimpfungen zu sein.

Auch der Vorsitzende der Stiko Thomas Mertens dämpfte die Erwartungen:  "Derzeit diskutierte Argumente wie Urlaub können nicht die primären entscheidungsrelevanten Argumente der Stiko sein", er der „Welt“. Im Moment habe man noch keine detaillierten Daten der Impfstudie bei Kindern. Diese müssten genau geprüft werden, um mehr über die Sicherheit zu wissen. Erst dann könne eine generelle Impfempfehlung für Kinder gegeben werden.

Francesco Schneider-Eicke

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