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Ungarns Premierminister Viktor Orban steht im Dauerclinch mit der EU.

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Ungarn: Punkt für Punkt

Der Dauerstreit zwischen den Brüsseler Institutionen und Ungarn geht weiter: Im Mai will Premierminister Viktor Orban im Plenum des Europaparlaments seinen Kritikern die Stirn bieten.

Die EU-Kommission hat Ungarn wegen der umstrittenen Verfassungsänderung vom vergangenen März mit einem Vertragsverletzungsverfahren gedroht. Die Kommission sei angesichts der Verfassungsänderungen „extrem besorgt“, sagte EU-Justizkommissarin Viviane Reding am Mittwoch vor dem Europaparlament. Gegenwärtig prüfe die Brüsseler Behörde im Detail, ob die Änderungen dem EU-Recht entsprächen. Am Ende könne dies auf die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens hinauslaufen, sagte die Luxemburgerin.

Bereits im Januar 2012 hatte die EU-Kommission drei Vertragsverletzungsverfahren gegen Budapest wegen der Reform der ungarischen Justiz, der ungarischen Zentralbank und der Datenschutzbehörde eröffnet. Reding machte am Mittwoch deutlich, dass weitere Vertragsverletzungsverfahren bereits in den kommenden Wochen eingeleitet werden könnten. Die EU-Kommission werde damit „nicht bis Juni warten“, erklärte sie.

Das ungarische Parlament, wo sich die rechtskonservative Fidesz-Partei von Orban auf eine Zweidrittelmehrheit stützen kann, hatte im März Verfassungsänderungen beschlossen, denen zufolge unter anderem die Kompetenzen des obersten Gerichts beschnitten werden. In einem Brief an Orban hatte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso vergangene Woche drei Punkte der jüngsten Verfassungsänderung genannt, die aus seiner Sicht kritikwürdig sind: So sollen Parteien künftig kostenlose Wahlwerbespots nur noch im öffentlichen Fernsehen ausstrahlen dürfen, das allerdings nur etwa 20 Prozent der Ungarn erreicht. Ferner soll der Präsident des Nationalen Justizamts die Möglichkeit bekommen, den Ort von Gerichtsverfahren zu bestimmen. Und schließlich können Geldstrafen, die vom Europäischen Gerichtshof verhängt werden, in einer Sondersteuer direkt auf die Bürger umgelegt werden. Inzwischen hat die Regierung in Budapest mit Blick auf die Kompetenzen des Nationalen Justizamts Entgegenkommen signalisiert. Zudem soll die geplante Beschränkung der Wahlwerbung bei der Europawahl 2014 entfallen, heißt es aus Budapest.

Derweil trat Orban am Dienstagabend vor der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament auf, auf deren Rückhalt der ungarische Regierungschef weiter zählen kann. Zwar gab es von Abgeordneten aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden kritische Fragen zu Orbans Verfassungsnovelle. Dennoch ist bei den Konservativen im EU-Parlament anders als etwa bei den Liberalen oder den Grünen kaum die Rede davon, ein Verfahren gegen Budapest einzuleiten, an dessen Ende sogar der Entzug von Ungarns EU-Stimmrecht stehen könnte. Orban kündigte vor der EVP an, seinen Kritikern im Plenum des EU-Parlaments im Mai offensiv begegnen zu wollen.

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