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Politik: Unverdaute Niederlage (Kommentar)

Das ist das Schöne an Siegen: Ein Volk kann die Erinnerung immer wieder aufleben lassen - und daraus in schlechten Zeiten Selbstbewusstsein schöpfen. Und das Fatale an Niederlagen: Sie werden zum Trauma, wenn nicht andere Erfolge als Kompensation herhalten.

Das ist das Schöne an Siegen: Ein Volk kann die Erinnerung immer wieder aufleben lassen - und daraus in schlechten Zeiten Selbstbewusstsein schöpfen. Und das Fatale an Niederlagen: Sie werden zum Trauma, wenn nicht andere Erfolge als Kompensation herhalten. Dann wächst die Versuchung, die alten Schlachten wieder zu schlagen, um der Geschichte doch noch die erhoffte Wendung zu geben. Zum Beispiel jetzt für die Russen in Tschetschenien. Offiziel begründet Moskaus Militär die Luftangriffe, die immer näher an Grosny heranrücken, mit der Bekämpfung der Islamisten in Dagestan. Die haben schließlich den Krieg um den Kaukasus mit Terroranschlägen in Russlands Städte getragen. Doch die Sehnsucht nach Revanche für das "russische Vietnam" ist ein mindestens ebenso mächtiges Motiv. So schlittert Moskau in einen zweiten Tschetschenienkrieg - den aber nicht der Kopf, sondern der Bauch diktiert. Eine Analyse der Ursachen des Debakels fehlt bis heute. Nach allen westlichen Erfahrungen mit Entkolonisierung lässt sich solch ein Kampf militärisch kaum gewinnen. Es bedarf einer politischen Lösung. Wie oft muss Russland sich eine blutige Nase holen, ehe es versucht, aus eigenen und fremden Fehlern zu lernen? cvm

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