zum Hauptinhalt
„Meine Gebärmutter“: Protest gegen die Änderung des liberalen Abtreibungsrechts in Seattle

© AFP/Getty Images/David Ryder

US-Bundesstaat erlässt „Herzschlag-Gesetz“: Oklahoma verbietet Abtreibung nach sechster Schwangerschaftswoche

In den USA könnte das liberale Abtreibungsrecht vor dem Ende stehen. Konservativ regierte Bundesstaaten wie Oklahoma versuchen schon jetzt, Fakten zu schaffen.

Vor dem Hintergrund der hitzigen Debatte über das Recht auf Abtreibung in den USA hat der Gouverneur von Oklahoma ein Gesetz zur drastischen Verschärfung der Regelungen in dem Bundesstaat unterzeichnet. Gouverneur Kevin Stitt schrieb am Dienstag auf Twitter zur Begründung, die vier Millionen Menschen in seinem Bundesstaat seien mit großer Mehrheit für den Schutz des ungeborenen Lebens.

Das „Herzschlag-Gesetz“ Oklahomas ähnelt einer hoch umstrittenen Regelung aus dem Bundesstaat Texas. Es verbietet Schwangerschaftsabbrüche, sobald ein Arzt bei einem Embryo oder Fötus den Herzschlag feststellen kann. Das kann bereits nach rund sechs Wochen sein, wenn manche Frauen noch nicht wissen, dass sie schwanger sind. Das Gesetz erlaubt auch Zivilklagen gegen Personen, die Abtreibungen vornehmen oder Frauen dabei wissentlich unterstützen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Am Montagabend hatte das Magazin „Politico“ den Entwurf einer Urteilsbegründung des Obersten US-Gerichts veröffentlicht, wonach das liberale Abtreibungsrecht des Landes gekippt werden soll. Das Dokument löste in der Regierung des demokratischen US-Präsidenten Joe Biden und in liberalen Teilen der Bevölkerung heftige Empörung aus. Der Supreme Court betonte, dass es sich dabei nicht um eine finale Entscheidung handele. Mit einer endgültigen Entscheidung des Gerichts wird in den nächsten zwei Monaten gerechnet.

Konservative Politiker versuchen seit langem, das als Roe v. Wade bekannte Grundsatzurteil von 1973 zu kippen. Mehrere republikanisch regierte Bundesstaaten haben die Abtreibungsregelungen verschärft - in der Hoffnung, dass sie vor dem Supreme Court Bestand haben. Es gibt kein landesweites Gesetz, das Abtreibungen erlaubt oder verbietet. Auf Grundlage des Roe v. Wade-Urteil sind Abtreibungen in den USA aber mindestens bis zur Lebensfähigkeit des Fötus erlaubt - heute etwa bis zur 24. Woche.

[Jeden Donnerstag die wichtigsten Entwicklungen aus Amerika direkt ins Postfach – mit dem Newsletter "Washington Weekly" unserer USA-Korrespondentin Juliane Schäuble. Hier geht es zur kostenlosen Anmeldung.] 

Bidens Demokraten schrieben in einer Mail an Unterstützer, bei den Kongresswahlen im November gehe es auch um das Abtreibungsrecht. Die Partei warb um Spenden. „Wir werden mit allem, was wir haben, zurückschlagen, um sicherzustellen, dass die Republikaner für die unerbittlichen Angriffe ihrer Partei geradestehen müssen, aber wir können das nicht ohne Sie tun“, hieß es in dem Schreiben. Umfragen zufolge könnte die Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus und im Senat gefährdet sein.

Oklahomas Gouverneur Stitt hatte erst im vergangenen Monat ein Gesetz unterzeichnet, wonach die Durchführung einer Abtreibung in Oklahoma mit bis zu zehn Jahren Haft und einer Geldbuße von bis zu 100.000 US-Dollar (92 000 Euro) geahndet werden kann. Ausnahmen sollen nur gelten, wenn das Leben der werdenden Mutter aufgrund der Schwangerschaft akut in Gefahr ist. Die vorgesehenen Strafen drohen nicht den Schwangeren, sondern dem medizinischen Personal, das Abtreibungen vornimmt. Kritiker gehen US-Medienberichten zufolge juristisch gegen beide Gesetze in Oklahoma vor.

Proteste und Gegenproteste in etlichen Städten

Das Abtreibungsrecht ist in den USA immer wieder Thema heftiger Auseinandersetzungen. Allein in New York nahmen mindestens 2000 Menschen an einer Kundgebung für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch teil. „Ich hoffe, dass es die Menschen dazu inspiriert, bei den Zwischenwahlen zur Wahl zu gehen, das ist das Einzige, was ich als positiv ansehe“, sagte Alaina Feehan, 41, am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters mit Blick auf die Kongresswahlen im November.

Auch in Atlanta, Denver, Philadelphia und Los Angeles gingen die Menschen auf die Straße, Abtreibungsgegner und -Befürworter skandierten ihre Botschaften. „Pro-Choice ist eine Lüge, Babys entscheiden sich nie für den Tod“ und „Abtreibung ist Gewalt, Abtreibung ist Unterdrückung“. Die Befürworter riefen zurück: „Weg von unserem Körper“ und „Abtreibung rettet Leben“. Andere hielten Schilder mit der Aufschrift „Abtreibung ist Gesundheitsvorsorge“ und „Abtreibung ist kein Schimpfwort“. Auf einem Schild einer katholischen Gruppe, die den legalen Zugang zur Schwangerschaftsunterbrechung unterstützt, stand: „Du sollst mir nicht meine Bürgerrechte stehlen“.

Protest gegen die Änderung des liberalen Abtreibungsrechts in New York

© Reuters/Yana Paskova

Am späten Nachmittag hatte eine wachsende Gruppe von weit über 1000 Abtreibungsbefürwortern vor dem Sitz des Supreme Courts die Oberhand, etwa zwei Dutzend Abtreibungsgegner wurden ins Abseits gedrängt. „Es macht mir große Angst. Es tut mir sehr leid für ... junge Frauen. Sie fangen wieder von vorne an“, sagte die 70-jährige Paula Termini, die als Krankenschwester in Kreißsälen und Abtreibungskliniken gearbeitet hat. „Es wird lange dauern, bis wir diese Errungenschaften wieder zurückgewinnen können.“

Etwa 300 Menschen versammelten sich am Dienstagabend in der Innenstadt von Atlanta vor dem Centennial Olympic Park. Ihre Sprechchöre zur Unterstützung der Abtreibungsrechte wurden zeitweise vom Hupkonzert der vorbeifahrenden Autofahrer übertönt. „Wir werden auf diesen Straßen kämpfen, wir werden auf jeder Straße in Amerika kämpfen, wenn es sein muss“, sagte die 19-jährige Wendy Nevarez-Sanchez, die ein Schild mit der Aufschrift „Hände weg von meiner Gebärmutter“ in der Hand hielt.

In Pasadena, einer Vorstadt von Los Angeles, trugen einige Demonstranten Kleiderbügel zur Schau - in Anspielung auf illegale Abtreibungen, die nach Ansicht von Experten in Staaten, mit strengem Abtreibungsregelungen wieder üblich werden könnten. (dpa, Reuters)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false