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Michele Bachmann hat ihre Kandidatur für die Präsidentschaftswahl 2012 angekündigt. Sie gehört zur Tea-Party-Bewegung am rechten Rand der Republikaner und gilt als eine Art "Sarah Palin light".

© AFP

US-Präsidentschaftswahl: Michele Bachmann will gegen Obama kandidieren

Republikanisches Gruppenbild mit Dame: Sechs Männer und eine Frau debattierten darüber, wer von ihnen am besten geeignet sei, Barack Obama 2012 herauszufordern. Am Ende ist es möglicherweise keiner der Sieben.

Es war eine gesittete und ernsthafte Debatte. Aber wenig spritzig, meist gähnend langweilig – und fast zu anständig. Jedenfalls wenn man bedenkt, welches Gift sie sonst gegeneinander spritzen. Die sieben Möchtegern-Präsidenten verschonten einander und vermieden es geradezu peinlich, die Schwächen der anderen aufzudecken und Pfeile auf die verwundbaren Stellen zu schießen.

Kaum jemand griff Mitt Romney wegen seiner eigenen Gesundheitsreform an, die er einst als Gouverneur von Massachusetts durchgepaukte und die doch der jetzt unter Republikanern so verhassten Gesundheitsreform Obamas fast bis aufs Haar gleicht.Niemand knüpfte sich ernsthaft Newt Gingrich vor, den ehemaligen republikanischen Sprecher des Repräsentantenhauses Mitte der neunziger Jahre. Seine meisten Berater haben vor ein paar Tagen seine Kampagne fluchtartig verlassen. Weil Gingrich so chaotisch und unberechenbar ist. Weil er beim Juwelier Tiffany tief in der Kreide steht und es außerdem vorzog, mit seiner Gattin in der Ägäis umher zu fahren statt sich seinem in die Bredouille geraten Wahlkampf zu widmen.

Niemand griff den afroamerikanischen Unternehmer Herman Cain an, der damit prahlt, kein Politiker zu sein, aber von Tuten und Blasen keine Ahnung hat. Außer vielleicht von Steuerfragen. Bei der ersten Debatte vor ein paar Wochen rühmte er sich mit seinem Unwissen in der Außenpolitik und sagte, er werde wichtige Entscheidungen fähigen Beratern überlassen.

Überhaupt, die Unkenntnis in der Außenpolitik war frappierend, zum Teil haarsträubend. Die Widersprüche jagten einander. So kritisierte Michele Bachmann Obama einerseits heftig dafür, dass er in Libyen zu spät eingegriffen habe und nur aus dem Hintergrund führe. Andererseits zeigte sie wenig Verständnis über die Unterstützung der Rebellen, von denen man doch nichts wisse und die vielleicht von Al Qaida unterwandert seien.

Doch Außenpolitik ist in Wahlkämpfen meist nie wichtig. Außerdem sind es bis zu den Wahlen noch fast anderthalb Jahre. Bis dahin kann noch unglaublich viel passieren und wird sich die politische Stimmung in Amerika noch ungezählte Male ändern. Mal zugunsten Obamas, mal zugunsten der Republikaner.

Es ist auch noch viel zu früh, vorauszusagen, welcher Konservative Obama am Ende herausfordern wird. Es ist nicht einmal klar, ob es überhaupt einer von jenen sein wird, die am Montag an der Debatte teilgenommen haben. Nicht auszuschließen, dass in den nächsten Monaten noch der eine oder die andere dazustoßen wird. Sarah Palin, die Ex-Gouverneurin von Alaska und ehemalige Vizepräsidentschaftskandidatin, vielleicht. Oder der Gouverneur von Texas. Oder sein Kollege aus New Jersey. Womöglich auch jemand, dessen Name bislang nicht einmal gefallen ist.

Der Kampf um die Republikaner-Auslese beginnt diesmal spät. Sehr spät. Manche Demokraten versprechen sich davon einen großen Vorteil und reiben sich bereits die Hände. Vielleicht zu früh. Denn inmitten aller Unklarheiten ist zumindest eines klar: Egal, welcher Kandidat siegen wird, am Ende werden sich die Republikaner hinter ihrem Frontmann oder ihrer Frontfrau versammeln. Sie werden zweifellos auch genügend Geld eintreiben, um Obama und seinen prall gefüllten Wahlkampfkassen Paroli zu bieten.

Niemand sollte den entschiedenen Willen der Republikaner unterschätzen, Obamas Herrschaft im nächsten Jahr zu beenden. Es wird ein harter Wahlkampf werden – und wahrscheinlich wie oft eine knappe Entscheidung. Michele Bachmann gab in der Fernsehdebatte unter großem Applaus die entscheidende Kampfparole aus: "Ich verkünde heute, dass Präsident Barack Obama nur eine Amtszeit regieren wird." Und Newt Gingrich gab die entscheidende republikanische Wahlkampflosung vor: "14 Millionen Arbeitslose. Wir brauchen einen neuen Präsidenten!"

Niemand der sieben Diskutanten stach besonders hervor, weder durch Brillanz noch durch besondere Schlagfertigkeit. Aber es versagte auch niemand. Am Ende gab es zwei Punktsieger: Mitt Romney, der trittsicher, souverän und nahezu präsidentiell wirkte. Und Michele Bachmann, die Steueranwältin. Sie argumentierte versiert, griff Obama scharf an – und machte zwischen den Zeilen deutlich, dass sie neben sich keinen Raum für eine andere Kandidatin sieht, schon gar nicht Sarah Palin.

Aller Voraussicht nach wird sich der Wahlkampf 2012 um die notleidende Wirtschaft drehen, um die hohe Arbeitslosigkeit und das schwindelerregende Haushaltsdefizit. Doch die sieben Republikaner präsentierten keine neue Ideen, sondern geradezu gebetsmühlenartig ihre alten Konzepte: Steuern runter, Regierungsausgaben runter, Staatsdefizit runter. Den Rest erledigt die Privatwirtschaft. 

Stellvertretend für alle Sieben trompete Michele Bachmann: "Die Wirtschaft – das ist eine großartige, erfolgreiche Geschichte der Republikaner!" Als habe nicht der Republikaner Ronald Reagan den Staat zugrunde gespart und nachhaltig geschädigt. Als habe nicht der Republikaner George W. Bush den Schuldenberg mit zwei Kriegen um viele Billionen Dollar aufgehäuft. Und als habe er nicht auf Knien den Kongress um milliardenteure staatliche Geldspritzen für Amerikas marode Banken und Finanzinstitute gebeten.

Die Arbeitslosenzahl ist wieder leicht gestiegen. Die Hauspreise fallen erneut. Besserung ist nicht in Sicht. Kein Wunder, dass die ungeduldigen Wähler mit Obamas Wirtschaftspolitik unzufrieden sind. Doch mal sehen, ob sie die Republikaner im November 2012 für fähiger halten. Zumal nach den Erfahrungen des vergangenen Jahrzehnts.

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