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Ein Plakat des Moschee-Vereins "Fussilet 33" hängt im Hinterhof des Hauses in der Perleberger Straße in Berlin.

© dpa

Update

Verwirrung um Anis Amri: Lebte Berlin-Attentäter in Moabiter Moschee?

Anis Amri soll sich Berichten zufolge kurz vor dem Anschlag in einer salafistischen Moschee aufgehalten haben. Sicherheitskreise dementieren das. Unterdessen will die Polizei den Staatsschutz aufstocken.

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Im Fall des Berlin-Attentäters Anis Amri gibt es neue Verwirrung. Ein Personagramm aus dem bundesweiten polizeilichen Informationssystem Inpol erweckt den Eindruck, der Tunesier habe sich am 14. Dezember und damit nur fünf Tage vor dem Anschlag am Breitscheidplatz in der salafistischen Fussilet-Moschee in der Perleberger Straße aufgehalten oder dort sogar gewohnt. Als „Quelle“ wird „Obs MEK Berlin genannt“, gemeint ist eine Observierung durch ein Mobiles Einsatzkommando der Berliner Polizei. Mehrere Medien haben jetzt über den Eintrag berichtet. Sicherheitskreise dementieren jedoch gegenüber dem Tagesspiegel, dass die Berliner Polizei im Dezember Erkenntnisse hatte, Amri habe in der Moschee gelebt.

Die Berliner Justiz hatte im September die Überwachung von Amri eingestellt. Die Moschee blieb als Salafistentreff jedoch weiter im Fokus der Polizei. Die Bilder einer Überwachungskamera wurden allerdings erst nach dem Anschlag auf Amri hin untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass er am Tattag vor der Fussilet-Moschee aufgetaucht war. Dennoch gebe das Personagramm aus Inpol einen falschen Eindruck wider, sagen Sicherheitskreise. Die Datei sei am 13. Dezember von Nordrhein-Westfalen aktualisiert worden. Die meisten alten Daten im Personagramm seien jedoch stehen geblieben. Darunter auch Erkenntnisse der Polizei aus der Zeit vor dem September, dass Amri sich in der Moschee aufhielt.

Unterdessen hat Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt sich gegen Angriffe aus Nordrhein-Westfalen verteidigt. Zuletzt hatte Innenminister Ralf Jäger (SPD) immer wieder auf eine Zuständigkeit der Berliner Behörden verwiesen. Kandt sagte: „Bekanntermaßen ist NRW ja im Wahlkampf und dann wird auch leidenschaftlicher argumentiert“, sagte er den Zeitungen „B.Z.“ und „Bild“. „Unbestritten hatte NRW alleine durch den Wohnsitz die Zuständigkeit im Fall Amri. Auch die ausländerrechtlichen Angelegenheiten sind komplett in NRW gelaufen. Da kann es keine Diskussion darüber geben.“

Zahl der Gefährder in Berlin "unter 100"

Kandt kündigte zugleich an, den Staatsschutz in seiner Behörde infolge des Anschlags um 30 Beamte aufzustocken. „Jetzt im Nachhinein ist klar, dass die Einschätzung zur Gefährlichkeit des Täters falsch war. Aber konnte man das wirklich auch vorher so wissen?“, sagte er. Die Zahl der in Berlin lebenden Gefährder gab Kandt mit „unter 100“ an. Mehr als die Hälfte habe eine deutsche Staatsbürgerschaft. Eine 24-Stunden-Überwachung sei nur möglich, wenn es einen Hinweis gebe, dass aktuell etwas drohe.

WDR, NDR und „Süddeutsche Zeitung" berichten, Amris festgenommener Freund Bilal B. stehe unmittelbar vor der Abschiebung nach Tunesien. Er soll 18 Scheinidentitäten verwendet und sich damit Sozialleistungen erschlichen haben.

Der Bundesnachrichtendienst hat weiterhin mögliche Telefonkontakte Amris nach Libyen im Blick. Die Berliner Polizei hatte im Februar 2016 bei Amri ein Handy beschlagnahmt. Im Speicher fanden sich zwei libysche Telefonnummern. Der BND überwacht die Nummern bis heute – doch sie seien „kalt“, heißt es im Umfeld der Bundesregierung. Es sei kein Anruf registriert worden. (mit dpa)

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