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Politik: Viel reden, langsam handeln

In den EU-Mitgliedstaaten formiert sich Widerstand gegen das Klimaziel der Kommission

Berlin - In der Europäischen Union bahnt sich ein heftiger Streit bei den Verhandlungen über ein neues mittelfristiges Klimaschutzziel an. Die Kommission hat vorgeschlagen, dass die EU bis 2020 ihren Ausstoß an Treibhausgasen um 30 Prozent im Vergleich zu 1990 senken soll, wenn auch andere Industriestaaten wie Australien oder die USA mitmachen. Gleichzeitig solle sich die EU dazu verpflichten, egal wie die Klimaverhandlungen verlaufen, ihre Emissionen um mindestens 20 Prozent zu vermindern. Doch in den Mitgliedstaaten formiert sich Widerstand.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am Dienstag vor dem Europaparlament noch einmal beteuert, sie wolle die deutsche EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um den Klimaschutz voranzubringen. „Kein Mitgliedstaat kann sich davor drücken“, sagte Merkel. Auch Deutschland sei Kompromisse mit der EU- Kommission eingegangen, die nicht leicht gefallen seien. Sie bezog sich darauf, dass Berlin nach monatelangem Streit die Kommissions-Vorgabe zur Zuteilung von Kohlendioxid-Zertifikaten an die deutsche Industrie im Emissionshandel akzeptiert hat. „Wir haben dies sehr bewusst gemacht, weil ich glaube, dass jeder Mitgliedstaat seinen Beitrag leisten muss.“

Das sehen offenbar nicht alle Mitgliedstaaten so. Frankreich wehrt sich nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ gegen das von der Kommission vorgeschlagene Ziel, 20 Prozent der gesamten Energie bis 2020 aus erneuerbaren Quellen zu decken. Die grüne Europaabgeordnete Rebecca Harms sagte dem Tagesspiegel: „Bei erneuerbaren Energien ist Frankreich von vor-vorgestern.“ Polen dagegen fürchtet sich, einem 30-Prozent Minderungsziel zuzustimmen. Schließlich befinde sich seine Wirtschaft noch im Transformationsprozess und müsse wachsen. Dem versuchte Umweltminister Sigmar Gabriel bei einer Klima-Konferenz in Berlin schon einmal entgegen zu kommen. Er versicherte: „Es wird wieder eine faire Lastenverteilung innerhalb der EU geben.“ Der Bundestag habe beschlossen, dass Deutschland seine Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 Prozent mindern will, wenn die EU sich auf ein 30-Prozent-Ziel einlässt.

Rebecca Harms weist darauf hin, dass schon in den ersten Beratungen das Ziel, die Energie-Effizienz in Europa bis 2020 um 20 Prozent zu steigern und so den Energieverbrauch zu senken, aufgegeben worden sei. Von einer Senkung des Energieverbrauchs sei keine Rede mehr. Harms kritisierte die Kluft zwischen Problembewusstsein – „Den Bürgern wird ständig gesagt, wie steuern auf eine Katastrophe zu.“ – und dem Willen zu handeln.

Das zeigt sich auch bei der zähen Debatte über die Zuteilungspläne zum Emissionshandel. Von 13 eingereichten Plänen haben nur zwei eine mit dem Kyoto- Ziel vereinbare Obergrenze der Emissionen eingehalten, Großbritannien und Slowenien. Allen anderen kürzte die Kommission die Budgets. Trotzdem glaubt die Sprecherin von EU-Umweltkommissar Stavros Dimas, Barbara Helfferich, dass der Rat dem Kommissionsziel zustimmt. Schließlich hätten sich die Staats- und Regierungschefs geeinigt, dass die globale Erwärmung nicht mehr als zwei Grad im Vergleich zum Niveau vor der Industrialisierung betragen dürfe. Das 30-Prozent- Ziel für die EU sei nichts anderes als eine Übersetzung dieses Ziels, sagte sie.

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