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Frankreich: Villepin übersteht Misstrauensvotum

Frankreichs Premierminister Dominique de Villepin hat einen Misstrauensantrag der Sozialisten wie erwartet überstanden. Doch der Antrag bekam auch Stimmen von der Regierungspartei UDF.

Paris - Zwar scheiterte der Antrag erwartungsgemäß an der absoluten Mehrheit der regierenden UMP. Doch die bisher zu den Neogaullisten haltende Zentrumspartei UDF sorgte für eine Überraschung, indem sie erstmals ihre Bereitschaft zu einem Regierungsbündnis mit den Sozialisten andeutete. Ein Teil der UDF stimmte mit der Opposition.

Sozialisten, Kommunisten und UDF-Chef François Bayrou begründeten das Misstrauensvotum mit dem Clearstream-Skandal. In der Verleumdungsaffäre um gefälschte Kundendateien des Finanzhauses Clearstream wird Villepin verdächtigt, den Geheimdienst auf angebliche Schmiergeldkonten von Innenminister Nicolas Sarkozy angesetzt zu haben. Für den Antrag stimmten 190 der 577 Abgeordneten der Nationalversammlung. Weil alleine die UMP 364 Mandate stellt, galt Villepins Sturz von vornherein als ausgeschlossen. Die UDF stellt 30 Abgeordnete, die Sozialisten 150, Kommunisten und andere Linke 22.

Villepin erklärte, der Misstrauensantrag sei ein Antrag "im Namen der Verleumdung, Lüge und Gerüchte". Die Linke wolle von ihrer Ideenlosigkeit ablenken. Als Seitenhieb auf Sarkozy wurde Villepins Erklärung aufgefasst, "jeder" in der Regierung werde seine Aufgabe "bis zum letzten Tag" erfüllen. Sarkozy wird nachgesagt, bald aus dem Kabinett ausscheiden zu wollen, um zur Präsidentenwahl 2007 als Kandidat des Bruchs mit dem alten System antreten zu können.

Oppositionschef François Hollande warf Villepin und Sarkozy vor, in dem Verleumdungsskandal den Staat "zur Geisel persönlicher Rivalitäten" und zum Schlachtfeld gemacht zu haben. "Der Hass ist das gemeinsame Gefühl", sagte er. Die Logik verlange "mindestens eine Änderung der Regierung".

UDF-Chef Bayrou warb mit Hinweis auf die Große Koalition in Deutschland für eine Überwindung der Pariser Blockbildung. Die Berliner Mauer sei 1989 gefallen, und er sehe die Sozialisten nicht als Feinde an, auch wenn er ihre Affären nicht vergesse. Die Regierung sei wegen des Verleumdungsskandals handlungsunfähig, sagte Bayrou. "Im Kabinett verdächtigt einer den anderen." Er warf Präsident Jacques Chirac vor, die moralische und politische Krise weder mit seinem Rücktritt noch mit der Entlassung der Regierung zu beenden.

Mit seinem Votum setzte sich Bayrou über die Drohung der UMP hinweg, Abweichler bei der Wahl 2007 abzustrafen. Das französische Mehrheitswahlrecht lässt Politikern kleinerer Parteien keine Chance, ins Parlament zu kommen, wenn sie keine Wahlbündnisse mit größeren Parteien eingehen. (tso/dpa)

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