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© dpa

VW: Wulff setzt sich durch - doch steigt er auch auf?

Christian Wulff hat sich im Streit um Porsche durchgesetzt – doch in der Bundespolitik ist wohl auch nach der Wahl kein Platz für ihn.

Christian Wulff ist klug genug, gerade in der Stunde des Triumphes bescheiden und zurückhaltend zu bleiben. Nach dem Ende des Machtpokers um VW und Porsche, aus dem der niedersächsische Ministerpräsident als Sieger hervorgegangen ist, schaut er ernst in die Kameras und betont, wie wichtig es doch sei, dass sich „alle als Gewinner fühlen“ könnten. Viel mehr will Wulff dann nicht zur aktuellen Situation sagen. Er möchte jetzt seinen Gegnern keine Angriffsflächen bieten.

Der Ministerpräsident aus Niedersachsen, der noch vor einem Jahr alle über sein Amt in Hannover hinausgehenden Ambitionen barsch zurückgewiesen hatte mit der Bemerkung, er sei „kein Alphatier“, steht zwei Monate vor der Bundestagswahl plötzlich als geschickter politischer Stratege da. Er hat einen Pakt geschmiedet mit seinem alten Widersacher Ferdinand Piëch, hat Angela Merkel eingebunden und die IG Metall, die ihm noch vor fünf Jahren äußerst feindlich gesonnen war. Im Ergebnis ist nun die Position Niedersachsens bei VW gestärkt – und die Werkstandorte in Norddeutschland, allen voran Wolfsburg, sind gesichert. Das ist nicht zuletzt ein Resultat des Verhandlungsgeschicks von Wulff, der in den vergangenen Wochen heftig angefeindet worden war, etwa von Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück. Aber Wulff behielt im Auto- Poker die Nerven, keilte nicht zurück, sondern blieb sachlich und bestimmt. Es hat sich für ihn am Ende ausgezahlt. „Man hat wohl unsere Hartnäckigkeit unterschätzt“, meinte er anschließend.

Was aber bedeutet der VW-Porsche- Deal jetzt für Wulffs Position in Merkels Umfeld? Die Spitzen der Landespartei in Hannover bemühen sich seit Wochen, jede Spekulation über einen Wechsel des Ministerpräsidenten in die Bundespolitik zu unterbinden. Erst vor wenigen Tagen betonte Landeschef David McAllister noch, Wulff werde als Ministerpräsident Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2013 werden. Aus dem Munde von McAllister ist dieser Satz bemerkenswert, weil der 38-jährige Vorsitzende der Landtagsfraktion der Kronprinz in Hannover ist und selbst im Fall von Wulffs Abschied die Führungsrolle in der Landesregierung übernehmen würde. Allerdings ist die Aussage von McAllister nicht mehr als nur der Versuch einer Beruhigung. Man ist in Hannover bemüht, keine Debatte über einen Aufstieg Wulffs entstehen zu lassen.

Dies liegt auch daran, dass der Niedersachse gegenwärtig schlecht in die Machtverteilung der Union passt. Wenn es zu Schwarz-Gelb nach der Bundestagswahl kommen und Merkel einige starke Leute in ihr neues Kabinett berufen sollte, wäre Wulff vermutlich erste Wahl. Doch das Politikfeld, in dem der Ministerpräsident jetzt sein Meisterstück abgeliefert hat, ist schon doppelt besetzt: Zum einen betrachtet die FDP die Wirtschaftspolitik als ihr angestammtes Feld, zum anderen hat sich dort gerade Karl-Theodor zu Guttenberg als Vertreter der CSU etabliert. Dass Wulff die Wirtschaftspolitik reizen würde, hat er schon vor mehr als einem Jahr angedeutet, als er den CDU-Landesvorsitz an McAllister abgab und erklärte, nun mehr Zeit für seine Arbeit als CDU-Bundesvize zu haben. Außerdem bringt das Amt des Regierungschefs in Hannover – das immer auch mit der Tätigkeit im VW-Aufsichtsrat verknüpft ist – zwangsläufig Wirtschaftskontakte mit sich. Zum auch privaten Bekanntenkreis von Wulff gehören einige Manager wie etwa RWE-Chef Jürgen Grossmann. Schließlich kommt Wulff zugute, dass sich in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise die Gewichte innerhalb der Wirtschaftslandschaft verschoben haben. Galt Norddeutschland, insbesondere Niedersachsen, bisher immer als hinterherhinkend, so bringen nun die Umstände mit sich, dass die Lage besser ist als im Süden. VW und Porsche sind ein Beispiel, die geplante Übernahme der Continental AG durch die fränkische Schaeffler- Gruppe ist ein anderes. Nachdem Schaeffler sich übernommen hatte, erscheint die niedersächsische Conti nun als der stärkere Partner. Im Wettbewerb der Landesbanken steht außerdem die Nord/LB, getragen von Niedersachsen und Sachsen- Anhalt, weit besser da als etwa die Bayern-LB oder die HSH Nordbank.

Diese Umstände bringen es mit sich, dass es für Wulff in einer schwarz-gelben Bundesregierung vermutlich nur einen reizvollen Posten geben könnte – solange der des Regierungschefs besetzt ist: das Amt eines Superministers für Wirtschaft, eventuell angereichert durch die Finanzpolitik. Die Energie, die der Ministerpräsident in den vergangenen Wochen in die Pflege der Unternehmen in seinem Land gesteckt hat, weckte in Hannover die Vermutung, die übrigen Felder der Landespolitik könnten ihm zu klein geworden sein. Es ist zwar nicht so, dass er Bildungs-, Finanz-, Umwelt- und Innenpolitik vernachlässigen würde. Aber Wulff vermeidet es gegenwärtig gezielt, mit diesen Feldern identifiziert zu werden.

Als seine Kultusministerin ins Trudeln geriet, war es die Fraktionsführung, die eingriff. Als die Landesregierung im Juni gezwungen war, sich wegen der Steuereinbrüche vom alten Plan des Abbaus der Neuverschuldung zu verabschieden, überließ Wulff es Finanzminister Hartmut Möllring, die bittere Botschaft der Presse zu übermitteln. Er selbst zog es vor, beim Termin einer Firmeneinweihung dabei zu sein. Das wurde auch in seiner eigenen Partei als ein Signal verstanden. „Wulff geht in der Wirtschaftspolitik ganz und gar auf“, sagt ein Parteifreund.

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