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Währungskrise: Euro-Bonds: Der Druck auf die Kanzlerin wächst

Selbst in den eigenen Reihen schwindet der Widerstand gegen Euro-Bonds. Wie lange wird sich Angela Merkel diesem Instrument noch widersetzen?

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Manchmal macht in der Politik der Ton die Musik. Und der Ton, in dem manche Unionspolitiker dieser Tage das Wort „Euro-Bonds“ im Mund führen, klingt nicht mehr ganz so kategorisch abweisend wie bisher. „Wir sagen nicht: nie“, sagt etwa der CDU-Haushälter Norbert Barthle, und auch sein Kollege Joachim Pfeiffer, wirtschaftspolitischer Sprecher, kann sich gemeinsame Anleihen der Euro-Länder als „Schlussstein“ einer europäischen Stabilitätsunion vorstellen.

Tatsächlich hat selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel sich nie kategorisch gegen gemeinsame Euro-Anleihen ausgesprochen. Ihr Nein galt nur mit dem Zusatz „derzeit“. Als kurzfristiges Mittel gegen die Krise erklärt die Kanzlerin die Bonds für Gift – Deutschland würde voll für andere Schuldensünder haften, für die von da an jeder Anreiz entfiele, sich schnell zu solider Haushaltsführung vorzuarbeiten. Die Lage wäre anders, gäbe es schon eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik im Euroland mit effektiven Sanktionen gegen Schuldenmacherei. Dann, am Ende des Weges, kann sich auch Merkel Euro-Anleihen vorstellen.

Nichts anderes sagen Barthle und Pfeiffer, der „vielleicht zehn, 15 Jahre“ veranschlagt. Dass der bekannte Ton plötzlich anders klingt, hängt mit Klaus Regling zusammen. Dem Chef des Euro-Rettungsschirms EFSF ist es bisher nicht gelungen, Investoren aus Asien und anderswo die Hebel schmackhaft zu machen, mit deren Hilfe der Fonds die Staatsanleihen kriselnder Südländer wie Italien stützen soll. Wenn der EFSF aber nicht funktioniert, sind nur noch zwei Alternativen in Sicht: Entweder kauft die Euro-Zentralbank (EZB) weiter massenhaft Anleihen auf, oder die Transferunion mit Euro-Bonds wird Wirklichkeit.

Der schwarz-gelben Koalition geht beides gegen geheiligte Prinzipien, die Bonds-Idee aber obendrein an die Existenz. Die CSU lehnte sofort vehement ab. FDP-Chef Philipp Rösler legte sich am Donnerstag in der Wirtschaftsdebatte im Bundestag ebenfalls auf ein Nein fest, ja er forderte – vergeblich – alle Fraktionen auf, sich gegen die Bonds-Modelle auszusprechen, die EU-Kommissionspräsident Barroso ausgearbeitet hatte. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle spricht gar von „Zinssozialismus“. Und Fraktions-Vize Patrick Döring sagte dem Tagesspiegel: „Das wird die FDP in Europa nicht mittragen.“

Für die FDP-Spitze kommt die Debatte zur denkbar übelsten Zeit. Bis zum 13. Dezember läuft ihr Mitgliederentscheid, und dessen Initiator Frank Schäffler würde jede Abweichung vom strikten Nein zur Transferunion als Bestätigung seiner Skepsis werten. Würde also im Dokument des Euro-Gipfels am 8. und 9. Dezember auch nur das Wort „Euro-Bonds“ oder die Barrososche Neusprech-Schöpfung „Stabilitätsbonds“ auftauchen, kann die FDP-Spitze den Mitgliederentscheid wahrscheinlich gleich verloren geben.

Merkel weiß das natürlich. Deshalb auch der Ärger der Kanzlerin über Barrosos Vorstoß zu dieser Zeit: „Wir werden nicht unsere Regierung in die Luft sprengen“, sagt ein Koalitionär aus der Union. Merkel nimmt da schon lieber in Kauf, dass die EZB in immer schnellerer Folge und mit immer höheren Milliardensummen in die Anleihen- Märkte eingreift. Das, so die Kanzlerinnen-Sprachregelung, verbiete sich zu kritisieren – wegen der Unabhängigkeit der EZB.

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