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Vorläufiges Prozessende. Karlheinz Schreiber mit seinem Anwalt im Landgericht Augsburg.

© dpa

Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber verurteilt: Sechseinhalb Jahre Haft - aber daheim

Wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen wurde der Waffenlobbyist und Parteispender Karlheinz Schreiber zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt. Ins Gefängnis muss er allerdings nicht. Er ist alt und krank.

Er kommt durch den Haupteingang im Augsburger Justizgebäude, lässt sich durchsuchen und sagt, er sei "gelassen". In seinem Alter komme man von oder gehe zu Beerdigungen. Er wünsche noch "einen schönen Tag", fügt er an. Für den 79-jährigen Karlheinz Schreiber, einst Rüstungslobbyist und zentrale Figur der CDU-Spendenaffäre in den 1990er Jahren, wird der Tag aber nur begrenzt schön. Zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt ihn das Landgericht Augsburg wegen Steuerhinterziehung in sechs Fällen. Die Anklage wegen Bestechung wird wegen Verjährung eingestellt. Schreiber muss vorerst nicht ins Gefängnis, er kann im Hausarrest in seinem Haus bleiben.

Das Urteil bildet den vorläufigen Schlusspunkt der Affäre um Bestechungen in der Rüstungsindustrie, Schwarzgeldkonten und Parteispenden. Die Vorsitzende Richterin Frauke Linschmann macht kein Hehl daraus, wie sie Schreiber nach mehr als einem Jahr in dem neu aufgelegten Prozess sieht. "Der Angeklagte hatte eine Chance, reinen Tisch zu machen", sagt sie. "Er hat sie nicht wahrgenommen." Stattdessen habe sich Schreiber "in Lügen- und Verschwörungsgebilden verstrickt" und "substanzlos über eine Voreingenommenheit der Justiz lamentiert". Schreiber stand nicht das erste Mal vor Gericht. Schon im Mai 2010, zehn Monate nach seiner Auslieferung aus Kanada, war er zu achteinhalb Jahren verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe gab aber Revisionen wegen Rechtsfehlern statt.

Karlheinz Schreiber, einst Vertrauter von Franz Josef Strauß

Es ist eine lange und verworrene Geschichte, die mehr als 20 Jahre zurückreicht. Einst war Schreiber ein Vertrauter von Franz Josef Strauß. Bis zum Jahr 2003 war er selbst CSU-Mitglied. Er fädelte Rüstungsdeals ein etwa für Thyssen und den Verkauf von Fuchs-Spürpanzern nach Saudi-Arabien, Thailand oder Kanada. Dafür erhielt er viel Geld als Provision, das Gericht erwähnt etwa 22,4 Millionen Mark von Thyssen und 22 Millionen US-Dollar von Airbus. Zugleich hatte Schreiber aber auch „hohe Betriebsausgaben“, wie die Richterin die vermuteten Bestechungsgelder bezeichnet.

In der Rechnung taucht auch jene berühmte Eine-Million-Mark-Spende von 1991 an den CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep auf, der das Geld in die schwarzen Kassen der Partei fließen ließ. Ebenfalls verweist das Gericht auf die 3,8 Millionen Mark, die Schreiber auf einem Schweizer Konto für den einstigen Staatssekretär Holger Pfahls angelegt hatte. Etwas über 800 000 Mark hat dieser davon erhalten. Fünf Jahre lang war er untergetaucht und 2004 in Paris festgenommen worden. Ein Jahr später wurde er wegen Vorteilsannahme und Steuerhinterziehung verurteilt.

"Das aber war nicht feststellbar"

Weiterhin keine Klarheit konnte das Gericht zum ominösen Konto "Maxwell" erreichen mit seinen 4,3 Millionen kanadischen Dollar Ende 1993. Lange war vermutet worden, dass dieses Geld für Max Strauß bestimmt war, einen Sohn von Franz Josef Strauß. "Das aber war nicht feststellbar", sagt die Richterin. Max Strauß selbst hatte ausgesagt, von diesem Konto nichts gewusst zu haben.

Trotz eines "Nebels von Verschachtelungen", sagt Linschmann, ergibt sich nach Einschätzung der Kammer, dass Schreiber über 19 Millionen Mark an Steuern hinterzogen hat. Das Geld lag in der Schweiz und in Liechtenstein. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert mit dem Argument, dass Schreiber gar nicht in Deutschland, sondern in Kanada steuerpflichtig gewesen sei. Dorthin war er 1995 mit einem kanadischen Pass für zehn Jahre geflohen. Das Gericht meint aber: "Der Schwerpunkt seiner Lebensinteressen war in Kaufering." In dem bayerischen Ort war die Zentrale seiner Aktivitäten, dort hat er seine Familie um sich geschart.

Trotz seiner "gesteigerten kriminellen Energie" bleibt Schreiber aber vorerst das Gefängnis erspart. Im Mai 2012 war der Haftbefehl gegen ihn ausgesetzt worden wegen seiner angegriffenen Gesundheit, er hatte einen Herzinfarkt erlitten. Stattdessen steht er seitdem unter Hausarrest. Ihm wird zugutegehalten, dass er sich an die Auflagen gehalten hat. Zugleich macht die Kammer klar, dass er sich "der Strafvollstreckung zu stellen hat, wenn die Haftfähigkeit vorliegt". Denn es bestehe Fluchtgefahr, er hat weiterhin Immobilien in der Schweiz und in Kanada.

Seine Verteidigung kündigte Revision beim Bundesgerichtshof an. Auf die Frage, ob man angesichts von Schreibers Alter nicht Milde walten lassen könne, sagte Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz nach dem Urteil trocken: "Es gibt kein Gesetz, dass bei fortgeschrittenem Lebensalter die Strafe erlassen oder lax ermittelt werden soll." Schreiber selbst sagte, er habe nichts anderes erwartet.

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