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Politik: Wahlanalysen: Biedenkopf dominiert, CDU gewinnt bei der Jugend / SPD verliert Volkspartei-Status

Die Wahlforscher hatten wenig Mühe, das Wahlergebnis in Sachsen zu erklären: Es ware eine Kurt-Biedenkopf-Wahl. Die landespolitische Dominanz des Ministerpräsidenten ist der Grund dafür gewesen, dass die CDU wieder ein Ergebnis weit über 50 Prozent erreichen konnte - das zweitbeste CDU-Ergebnis in der Geschichte der Partei.

Die Wahlforscher hatten wenig Mühe, das Wahlergebnis in Sachsen zu erklären: Es ware eine Kurt-Biedenkopf-Wahl. Die landespolitische Dominanz des Ministerpräsidenten ist der Grund dafür gewesen, dass die CDU wieder ein Ergebnis weit über 50 Prozent erreichen konnte - das zweitbeste CDU-Ergebnis in der Geschichte der Partei. Zwar ging das Prozentergebnis der CDU leicht von 58,1 auf 56,9 zurück, doch konnte die Regierungspartei dank der im Vergleich zu 1994 höheren Wahlbeteiligung nochmals gut 30 000 Stimmen zugewinnen. Als eigentliche Gewinnerin der Wahl gilt freilich die PDS, die deutlich zulegen konnte: Nicht nur von 16,5 auf 22,2 Prozent, sondern auch von knapp 340 000 auf 480 000 Stimmen. Dagegen verlor die SPD gegenüber 1994 etwa 110 000 Wähler. Ergebnis: 10,7 statt damals noch 16,6 Prozent.

Nach der Analyse der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen hat die CDU neben der "enormen Popularität" Biedenkopfs aber auch davon profitiert, dass die Partei bei der Lösung aller wichtigen Probleme einen Kompetenzvorsprung habe. Das Ansehen und die Bewertung des Ministerpräsidenten habe "ein bisher nie gemessenes Niveau" erreicht: Auf einer Skala von plus Fünf bis minus Fünf bekam Biedenkopf von den Sachsen einen Durchschnittswert von plus 3,4, besser als jemals zuvor ein Regierungschef in Deutschland. "Eine Wertschätzung in dieser Höhe wird üblicherweise nur bei den jeweils eigenen Parteianhängern erreicht, nicht aber in einem Land insgesamt", schreiben die Wahlforscher. Selbst bei den PDS-Anhängern kam er auf 2,4. Unter den Anhängern der SPD wurde er mit 2,9 deutlich besser beurteilt als der SPD-Spitzenkandidat Karl-Heinz Kunckel, der nur mit 1,1 bewertet wurde. 71 Prozent aller Befragten wünschten sich Biedenkopf als Regierungschef. 96 Prozent der CDU-, 88 Prozent der SPD- und 82 Prozent der PDS-Anhänger waren mit Biedenkopf zufrieden. Das Berliner Institut Infratest dimap resümiert: "Er verstand es wie kein anderer Ministerpräsident in den neuen Ländern, der durch den Transformationsprozess stark verunsicherten Bevölkerung ein neues Selbstbewusstsein zu geben."

"Auch bei der Lösung der wichtigsten Probleme gab es aus der Sicht der Wähler praktisch nur eine kompetente Partei: die CDU", heißt es in der Analyse der Forschungsgruppe Wahlen. Auf allen Feldern, sei es Lösung der wirtschaftlichen Probleme, Schaffung neuer Arbeitsplätze, selbst Angleichung der Lebensverhältnisse des Ostens an die des Westens lag die CDU deutlich vor PDS und SPD. Neben den landespolitischen Defiziten der SPD in Sachsen hat sich auch der negative Bundeseinfluss ausgewirkt. Die Sachsen waren demnach mit den Leistungen der Bundesregierung außerordentlich unzufrieden: Sie erhielt einen Durchschnittswert von minus 1,4. Im Vergleich dazu kam die Landesregierung auf einen Wert von plus 2,2.

Besonders erfolgreich war die PDS bei den über 60-Jährigen, dort konnte sie zehn Punkte auf 25 Prozent dazugewinnen. Verluste hingegen musste sie nach der Mannheimer Analyse bei den unter 30-Jährigen hinnehmen (minus drei Prozentpunkte), dort kam sie jetzt nur noch auf 15 Prozent. Genau umgekehrt fielen die Veränderungen bei der CDU aus. Sie erreichte ihr bestes Ergebnis (61 Prozent) bei den unter 30-Jährigen und gewann dort fünf Prozentpunkte hinzu. Bei den über 60-Jährigen lag sie (56 Prozent) geringfügig unter ihrem Landesergebnis und verlor dort gegenüber 1994 fünf Prozentpunkte. Die SPD verlor in allen Altersgruppen. Bei den Arbeitslosen konnte die CDU vier Punkte dazugewinnen und kam jetzt auf 50 Prozent. In dieser Gruppe erreichte die SPD zwölf Prozent und ihre stärksten Einbußen (minus zehn Prozentpunkte), die PDS konnte hier fünf Prozentpunkte dazugewinnen und kam bei den Arbeitslosen auf 26 Prozent.

"Existenzielle Probleme" haben nach Ansicht von Infratest Grüne und FDP, die nun in keinem ostdeutschen Parlament mehr vertreten seien. "Die letzten Wahlen in Ostdeutschland machen deutlich, dass sich die Unterschiede zwischen Ost und West eher vergrößert haben. Der politische Markt und das Parteiengefüge gestalten sich hier anders", lautet die Analyse. Die CDU habe eine andere soziale Basis als im Westen. Die SPD müsse hier zunehmend ihren Status als Volkspartei legitimieren.

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