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Politik: Warten auf den Partner

Die Union kann sich Zeit lassen und zusehen, wie sich SPD und Grüne positionieren.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Die drei Herren im Aufzug ziehen bedenkliche Mienen. Es ist Dienstagnachmittag, und oben in der Unionsfraktion herrscht dicke Luft. 311 künftige Abgeordnete, dazu als Ehrengäste noch einmal die Ehemaligen aus der alten CDU/CSU-Fraktion, überfordern die Klimatechnik im Reichstag. Man müsste, sagt einer der Herren, vielleicht irgendwo Fenster einbauen, „sonst schlafen demnächst alle ein“. Von solcher Art sind die Sorgen, die die Union in diesen Tagen umtreiben.

Ansonsten warten sie mal ab, wie sich potenzielle Koalitionspartner so zurechtruckeln, und versuchen, diesen Prozess nicht zu stören. Dass er dauern kann, ist, von Angela Merkel und Horst Seehofer angefangen, allen klar. SPD wie Grüne müssten ihre Niederlage verdauen, sich neu aufstellen und die widerstrebende eigene Basis mit dem Gedanken an eine Regierung unter Merkel versöhnen, sagt einer aus der CDU- Spitze – dieser Abkühlprozess von Wahlkampfhitze auf Kompromisstemperatur brauche seine Zeit.

Merkel weiß außerdem, dass es nachgerade dumm wäre, SPD und Grüne von den Höhen des Wahltriumphs herab Vorschriften machen zu wollen. Sie hat in ihrer ersten Rede an die Fraktion betont, dass sie die anstehenden Sondierungsgespräche behutsam führen werde. Das war ein Hinweis nach außen, aber auch an den Mann an ihrer Seite. Horst Seehofer war gerade erst kurz vorher von einem „Mit den Grünen red ich nicht“ zu einem „Mit den Grünen red ich nicht so gern“ getrippelt. Vielleicht hat ihn jemand darauf aufmerksam gemacht, dass die absolute Mehrheit der CSU sich halt doch nur auf Bayern erstreckt.

Maßgebliche CDU-Politiker senden deutlich andere Signale. Wolfgang Schäuble plädiert in der „Zeit“ für ernsthafte Gespräche mit den Grünen; er verweist dabei sinngemäß darauf, dass es solche und solche Grünen gebe: solche wie Ex-Spitzenkandidat Jürgen Trittin einerseits, solche wie in seiner Heimat Baden- Württemberg andererseits, wo sie früh Skepsis gegen Trittins Pläne hatten.

Dass Schwarz-Grün derzeit möglich wäre, glaubt zwar auch in der CDU- Spitze kaum einer. Aber vielen ist es schon aus pädagogischen Gründen recht, dass das schwierige Wahlergebnis Sondierungen mit der Öko-Partei nahelegt. Die Basis – die grüne wie die schwarze – müsse schließlich auch erst an den Gedanken gewöhnt werden, dass ein solches Bündnis künftig möglich sein sollte.

Aktuell käme es nur infrage, wenn die SPD sich verweigern würde. Aber, fragt einer aus der CDU-Führung: „Wie sollte es dazu kommen?“ Inhaltlich liege man nicht so weit auseinander, dass Koalitionsverhandlungen platzen könnten. Und an der CDU würden Kompromisse nicht scheitern. Selbst beim Thema Steuererhöhungen zeigt sich Schäuble schon geschmeidig: Er „persönlich“ finde die überflüssig. Aber: „Wir sollten jetzt schauen, wie die Gespräche laufen.“ Robert Birnbaum

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