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Gesundheitsminister Jens Spahn klagt als Privatmann gegen Medien, die über den Kaufpreis seiner Villa berichten.

© Hendrik Schmidt / AFP

Minister-Lifestyle: Warum Jens Spahns Hauskauf privat ist – und politisch

Der Erwerb einer Villa wäre keine größere Debatte – wenn der Politiker sie uneingeschränkt zuließe. Aber dazu fehlt ihm etwas: Großzügigkeit. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Jens Spahn und Ehemann sind seit diesem Sommer Eigentümer einer Villa in Dahlem. Das ist ihre Privatsache. Ihre Privatsache ist, dass sie einige Millionen dafür auf den Tisch gelegt haben. Wie sie das finanziert haben, auch das ist ihre Privatsache. Eine Fehlannahme ist jedoch, dass über Privatsachen von Politikern in Öffentlichkeit und Medien niemals diskutiert werden dürfte. Insbesondere, wenn es sich um herausragende Amtsträger handelt. Wie einen Bundesminister, der Kanzler werden möchte. Oder eine Bundesministerin, die Bürgermeisterin werden will und die ihre Promotion für – eben – Privatsache hält.

In Demokratien stehen Menschen zur Wahl, weshalb sensibel wahrgenommen wird, wie sie sich präsentieren. Wecken sie Vertrauen? Welche Tugenden verkörpern sie? Sind sie volksnah oder elitär, kalt oder einfühlsam? Dass Wahlen viel mit Persönlichkeit zu tun haben und wenig mit Parteiprogrammen, ist allen klar. Nur gilt es als unpolitisch und zuweilen unfein, darüber zu räsonieren.

Er kann Geld ausgeben, wofür er will

An Spahns Immobilienerwerb ist wenig Anstößiges zu entdecken. Vielleicht hätte er besser eine andere Sparkasse für den Kredit gesucht als jene, in deren Verwaltungsrat er mal saß. Klar darf ein Politiker vermögend sein und klar, er kann Geld ausgeben, wofür er will. Es muss indes kein Neid sein, wenn der Vorgang missfällt; Berlin ist eine Mieter- und Mietpreisdeckelstadt. Für Familien ist Wohnungssuche eine Belastung am Limit, und in Spahns neuer Bleibe fänden zwei davon Platz. Der Villenkauf ist, in Kanzler-Kategorien, jedenfalls eher Brioni als Merkel, und Mittelstand ist es wohl nur für einen Merz. Ein Politiker, auf Außenwirkung bedacht, muss sich das leisten können.

Kann Spahn das? Vermutlich. Er ist beliebt, er macht einen überzeugenden Job in der Coronakrise. Es ist ihm zu wünschen, dass er mit Haus und Hypothek glücklich wird und man ihn als Privatmenschen bei Privatsachen in Ruhe lässt. Nun ist es vorliegend allerdings so, dass er selbst unruhig geworden ist: Statt Debatten um seinen Hauskauf jenen zu überlassen, die sie für nötig halten, lässt er Medien per Gerichtsbeschluss verbieten, den Kaufpreis zu nennen. Er meint, natürlich, es sei Privatsache.

Statt über den Dingen steht Spahn neben sich

Doch spätestens damit wird das Private politisch. Ein Minister, der Tatsachen unterdrücken möchte, die das Grundbuchamt verfügbar hält und öffentlich bekanntgibt, zeigt ohnehin, wie beides ineinander fließt. Offenbar fehlt Spahn ein Empfinden dafür, dass Behörden Auskünfte zu erteilen haben, um Meinungsbildung zu ermöglichen. Statt über den Dingen steht er neben sich. Dem Villenbesitzer mangelt es an der Großzügigkeit und Gelassenheit, die sein Anwesen ausstrahlt. Er wirkt erstaunlich kleinkariert.

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