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Demonstranten versammeln sich vor dem Europäischen Parlament zur Unterstützung über die Abstimmung des Urheberrechts.

© Jean-Francois Badias/AP/dpa

Update

Weg frei für Uploadfilter und Leistungsschutz: Europaparlament stimmt für Urheberrechtsreform

Das Europaparlament hat der umstrittenen Reform des Urheberrechts ohne Änderungen zugestimmt. Damit ist der Weg für eine baldige Umsetzung geebnet.

Das Europaparlament hat die umstrittene Reform des Urheberrechts ohne Änderungen angenommen und damit den Weg für eine baldige Umsetzung geebnet. Auch der besonders kontrovers diskutierte Artikel, der Plattformen wie Youtube stärker in die Pflicht nimmt, fand am Dienstag in Straßburg eine Mehrheit unter den Abgeordneten.

Für die Reform stimmten insgesamt 348 Parlamentarier. 274 Abgeordnete waren dagegen, 36 enthielten sich.

Nach Darstellung der Befürworter soll die Reform das Urheberrecht fit für das Internet machen. Die Gegner befürchten vor allem, dass die Reform zur Einführung sogenannter Uploadfilter führen wird. Dem Gesetz muss nun noch der Rat der EU, der die Regierungen der Mitgliedsstaaten vertritt, zustimmen. Als möglicher Termin dafür gilt der 9. April.

Protest auf der Straße

Der Protest gegen die Copyright-Reform und insbesondere gegen Artikel 13, der im finalen Gesetzestext Artikel 17 heißt, war zuletzt vor allem in Deutschland immer größer geworden. Am Wochenende gingen Zehntausende in mehreren deutschen Städten auf die Straße.

Kritiker von Artikel 13 wenden vor allem ein, dass Plattformen wie Youtube danach künftig schon beim Hochladen überprüfen sollen, ob Inhalte urheberrechtlich geschütztes Material enthalten. Das ist ihrer Meinung nach nur über sogenannte Upload-Filter möglich, bei denen die Gefahr bestehe, dass viel mehr als nötig aussortiert werde. Dies führe zu Zensur.

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Aus Sicht der Befürworter geht es hingegen darum, Plattformen, die wissentlich mit fremden Inhalten Geld verdienen, zu einer fairen Lizenzierung zu zwingen.

Ebenfalls umstritten war der nun ebenfalls gebilligte Artikel, der ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage vorsieht. Danach müssen Nachrichten-Suchmaschinen wie Google News für das Anzeigen von Artikel-Ausschnitten künftig Geld an die Verlage zahlen. Hier sehen Kritiker insbesondere für kleine Verlage Nachteile, die gegenüber Google eine schwache Verhandlungsposition hätten. Zudem verweisen sie auf Deutschland, wo es ein Leistungsschutzrecht schon seit 2013 gibt, es aber nicht zu nennenswerten Geldzahlungen an die Verlage führt.

Der CDU-Europapolitiker Axel Voss hat die Zustimmung des Europaparlaments zum neuen Urheberrecht als „Siege für die Demokratie“ gewertet. „Mit der Reform schaffen wir erstmals Rechtssicherheit für private User, die Musik oder Videos ins Internet stellen“, sagt Voss, der das Vorhaben federführend mit den EU-Staaten verhandelt hatte, am Dienstag nach der entscheidenden Abstimmung im Parlament. „Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, die Prinzipien des Rechtsstaats gelten auch im Netz.“

Die schärfste Kritikerin des Vorhabens, Piraten-Politikerin Julia Reda, sprach auf Twitter hingegen von einem schwarzen Tag für die Netzfreiheit. Der SPD-Europapolitiker Tiemo Wölken, ebenfalls prominenter Gegner von Teilen der Reform, sagte: „Die Parlamentsmehrheit ignoriert die Stimmen hunderttausender junger Menschen.“

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) bedauert die Zustimmung des Europaparlaments zu einigen sehr umstrittenen Punkten. „Ich bedaure sehr, dass das Europäische Parlament sich heute nicht gegen Uploadfilter positioniert hat“, sagte Barley am Dienstag in Berlin. „Sie sind der falsche Weg.“ Barley betonte: „Jetzt geht es darum, die Richtlinie so umzusetzen, dass Künstlerinnen und Künstler tatsächlich davon profitieren und Meinungsfreiheit und Vielfalt im Netz erhalten bleiben.“

Der Verbraucherzentrale Bundesverband kritisiert das Ja des Europaparlaments zur umstrittenen Urheberrechtsreform. Die Abgeordneten hätten damit mehrheitlich gegen die Interessen von Internetnutzern gestimmt, erklärte am Dienstag Vorstand Klaus Müller. „Damit bedrohen verpflichtende Uploadfilter auch viele vollkommen legale nutzergenerierte Inhalte.“ Die Filter könnten nicht wirkungsvoll zwischen erlaubter und nicht erlaubter Nutzung unterscheiden, warnte er. „Filter wissen nicht, was Parodien sind oder ob ein Inhalt zitiert wurde.“

Wortgefechte im Parlament

Kurz vor der Abstimmung über die Reform hatten sich Gegner und Befürworter des Vorhabens im Europaparlament am Dienstagvormittag noch heftige Wortgefechte geliefert. An die fünf Millionen Bürger hätten eine Petition gegen die geplanten Uploadfilter demonstriert, sagte Julia Reda von der Piratenpartei, eine Worführerin der Reform-Gegner.

Mehr als 200.000 Menschen hätten am Wochenende gegen diese Pläne demonstriert. Doch jede Kritik sei ignoriert worden - die EU-Kommission habe die Demonstranten vielmehr als "Mob" bezeichnet.

Reda verwies auch auf einen Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) über einen möglichen Tauschhandel zwischen Deutschland und Frankreich: Demnach soll Berlin die von Paris gewünschte Reform des Urheberrechts unterstützt haben. Im Gegenzug soll Frankreich zugesagt haben, Deutschland beim Streit über die Nordstream-2-Gaspipeline zu unterstützen.

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Bundesjustizministerin Barley sei gegen die Uploadfilter, betonte der SPD-Abgeordnete Wölken. Sie habe sich aber Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beugen müssen, die "einen Deal mit Frankreich geschlossen hat." Bei der Debatte gehe es längst nicht mehr um das Urheberrecht. Es gehe vielmehr um den Umgang mit Demokratie. Die EU-Kommission habe die Teilnehmer an den Demonstrationen verunglimpft. Zudem sei das Gerücht gestreut worden, dass Demonstranten von den Internet-Giganten gezahlt wurden.

Balance zwischen Interessen

Axel Voss wies die Kritik an der geplanten Reform zurück. Sie betreffe nur große Plattformen, die "viel Geld" verdienten. Ziel der Reform sei es, eine Balance zwischen den Interessen der Kreativen und der Meinungsfreiheit zu schaffen. Es werde keine "Zensur" geben.

Axel Voss, CDU-Europapolitiker, der das Vorhaben federführend mit den EU-Staaten verhandelt hat, appellierte an die Abgeordneten, der Reform zuzustimmen.
Axel Voss, CDU-Europapolitiker, der das Vorhaben federführend mit den EU-Staaten verhandelt hat, appellierte an die Abgeordneten, der Reform zuzustimmen.

© Jean-Francois Badias/AP/dpa

Es gehe darum, Internet-Riesen wie Google, Facebook oder YouTube zur Verantwortung zu ziehen, sagte der französische Liberale Jean-Marie Cavada. Die wirtschaftliche Lage der Presse sei katastrophal. Mit der Presse sei "ein Teil der Demokratie in Gefahr". Die geplante Reform sei "die einzige Chance", die Zukunft von Kreativen zu schützen.

Wer gegen die Reform stimme, stimme dafür, dass "Kunst wieder eine brotlose Kunst wird", warnte die CDU-Abgeordnete Sabine Verheyen. "Wer davon profitiert, das sind die Internet-Giganten". Kreative in Europa müssten von ihrer Arbeit leben können, betonte auch die EU-Kommissarin für Digitalwirtschaft, Maria Gabriel. (dpa, epd, AFP)
Wie die einzelnen Abgeordneten abgestimmt haben, können Sie hier im PDF-Dokument nachlesen.

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