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Finanzkrise: Weltsozialforum dringt auf neue Wirtschaftsordnung

Staatspräsidenten aus Südamerika haben beim Weltsozialforum einen ungebändigten Kapitalismus als Hauptursache der schweren internationalen Wirtschaftskrise angeprangert. Für Brasiliens Staatschef Lula ist der "Gott Markt" bankrott.

"Die Krise entstand, weil während der 80er und 90er Jahre die Logik galt, der Staat könne nichts und der 'Gott Markt' werde das Land entwickeln und soziale Gerechtigkeit schaffen", sagte Brasiliens Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva in der Nacht zum Freitag in einer Diskussionsrunde in der brasilianischen Amazonas-Stadt Belém. "Dieser 'Gott Markt' ist wegen fehlender Kontrolle und Unverantwortlichkeit Bankrott gegangen."

An der Veranstaltung nahmen auch die linksgerichteten Staatschefs Hugo Chávez (Venezuela), Evo Morales (Bolivien), Rafael Correa (Ecuador) und Fernando Lugo (Paraguay) teil. Chávez bezeichnete das Sozialforum mit seinen 2600 Veranstaltungen und 100.000 Teilnehmern als Ort, an dem die Grundzüge einer neuen Welt skizziert würden. "Während sich in Davos die Welt versammelt, die stirbt, trifft sich hier (in Belém) die Welt, die geboren wird", sagte er mit Blick auf das parallel in Davos (Schweiz) stattfindende Weltwirtschaftsforum mit mehr als 40 Staats- und Regierungschefs.

"Der Neoliberalismus hat Selbstmord begangen"

Correa kritisierte die bestehende Wirtschaftsordnung als "perverses System, das auf Gier basiert". Das Weltsozialforum sei Teil der Lösung. Neben den Staatsgästen mahnten mehrere renommierte Soziologen, darunter der Brasilianer Michael Löwy und der Portugiese Boaventura de Souza Santos, eine radikale Neugestaltung der globalen Wirtschaftsordnung an. De Souza Santos drängte die Forumsteilnehmer zu konkreten Vorschlägen. "Wenn wir keine Lösung geben, dann kommt sie aus Davos mit mehr Kapitalismus und weniger Rechten (...). Wir (das Weltsozialforum) treffen uns seit 2001, und es waren nicht wir, die den Neoliberalismus besiegt haben - er hat Selbstmord begangen", sagte der Freund Lulas mit Blick auf die Finanzkrise.

Löwy warnte vor den drastischen Umweltfolgen eines ungebremsten Kapitalismus: "Wir bewegen uns mit sehr großen Geschwindigkeit auf eine ökologische Katastrophe zu, und die Wurzel des Problems ist das kapitalistische System selbst." Dabei sei nicht nur der Planet Erde in Gefahr, der möglicherweise weiter existieren werde. "In Gefahr ist vor allem die derzeitige Zivilisation, die vielleicht nicht überlebt, wenn sich die Umweltkatastrophe konkretisiert", sagte Löwy.

Das Weltsozialforum findet zum fünften Mal in Brasilien statt und versteht sich als eine Art Gegengipfel zum Weltwirtschaftsforum. Die durch fortschreitende Abholzung der Wälder bedrohten Lebensgrundlagen der indigenen Bevölkerung im Amazonas und die Finanzkrise sind Hauptthemen des sechstägigen Treffens, das noch bis zu diesem Sonntag andauert. Das Forum bietet Globalisierungsgegnern, Theologen, Professoren, Studenten, Gewerkschaftern sowie Vertretern von Gruppen unterschiedlichster Herkunft eine Plattform zum Ideenaustausch. (jam/dpa)

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