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BND-Bericht: Wer "Gladiator" und "Schweiger" sind

Die Affäre um Bespitzelung und Beschattung von Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst (BND) bekommt abseitige Züge. Jetzt wird ein Bericht veröffentlicht, der zeigt, wer zum Beispiel Zuträger wie "Gladiator" oder "Schweiger" waren.

Berlin - Die Aktionen systematischer Ausspähungen sowie willfähriger Zusammenarbeit von Medienvertretern mit den "Schlapphüten" in Pullach und Berlin haben sich über Jahre hingezogen. Immer mehr Details kommen nun ans Licht. Der BND hat wichtige und einflussreiche Journalisten oder solche, die sich diesem Kreis zugehörig fühlen, bespitzelt und bis in ihr Privatleben ausgeleuchtet.

Bald wird wohl Klarheit bestehen. Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) entschied am Dienstag, dass der Bericht des Sonderermittlers Gerhard Schäfer, ehemaliger Richter am Bundesgerichtshof, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Entschieden wird am Mittwoch kommender Woche, wenn die Betroffenen gehört wurden. Möglicherweise beschäftigt sich aber auch bald die Strafjustiz mit dem Werk, dessen Weitergabe illegal war.

Die Regierung reagierte relativ schnell. Nachdem das Kanzleramt der anrüchigen Zusammenarbeit zwischen Presse und Auslandsgeheimdienst einen Riegel vorschob und diese Form der Kooperation verbot, besserten die beiden anderen Nachrichtendienste offenbar in Vergessenheit geratene Vorschriften nach: Künftig ist es auch dem Verfassungsschutz und dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) untersagt, Journalisten bei operativen Maßnahmen als Zielpersonen zu führen. Im Klartext bedeutet dies, dass die drei deutschen Nachrichtendienste Journalisten nicht mehr zum Ausspähen ihrer Kollegen animieren dürfen und auch sonstige Observierungsaktionen bis auf gesetzlich abgesicherte Praktiken verboten sind.

Es bleibt der schale Nachgeschmack, dass es wohl eine ganze Reihe von Medienvertretern gibt, die gegen Bezahlung oder andere Formen von Gegenleistungen ihren Berufsethos verrieten. Die Berufsverbände warnten allerdings vor eiligen Urteilen. Bevor über Sanktionen für jene nachgedacht werden könne, die Kollegen ausspähten, müsse erst das ganze Ausmaß der Affäre bekannt sein.

Dieser inzwischen sehr oft auch als Skandal mit Bezügen zur Arbeitswelt der "Stasi" bezeichnete Sachverhalt ist jetzt auch in die Mühle der politischen Interessen geraten. Abgeordnete aus Opposition und Regierungsparteien stritten am Dienstag im geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) darüber, ob, und wenn ja, welche Teile des Berichts eines Sonderermittlers veröffentlicht werden können. Das PKG hatte im Herbst vergangenen Jahres, als die Affäre noch ein "Affärchen" war, den ehemaligen Richter Schäfer beauftragt, einen Rapport anzufertigen. Dieses 170 Seiten umfassende Exposé brachte den Stein ins Rollen.

Fazit des Berichts: Der BND hat in einem für einen Rechtsstaat erheblichen und überraschendem Umfang ausgespäht, und mehr als nur eine Hand voll Journalisten mit Fantasienamen wie "Dali", "Schweiger", "Sommer" oder "Gladiator" waren Zuträger oder Opfer.

Ein ehemaliger "Oberschlapphut" - der unter Ex-Kanzler Helmut Kohl für die Koordinierung der Geheimdienste im Kanzleramt zuständige CDU-Politiker Bernd Schmidbauer - zog Konsequenzen: Er legte seinen Sitz in dem PKG nieder, weil dort auch Fälle zur Debatte stehen, die in seine Amtszeit hineinspielten. "006" - so Schmidbauers damaliger Kosename - weist aber jede Verwicklung in Journalistenbespitzelungen energisch zurück. Er beschuldigt den ehenaligen BND-Chef Hansjörg Geiger, 1996 die Überwachung eines Journalisten angeordnet zu haben. Dieser bestreitet dies nachdrücklich. (Von Gerd Reuter, dpa)

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