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Politik: Werbeslogans für die Bibel

Was taugt das Buch der Bücher? Die Synodalen streiten

Manchen Bibeln sieht man an, dass sie gelesen werden. Anmerkungen mit Bleistift, kleine gelbe Klebezettel, eine abgenutzte Oberfläche. Die Mitglieder der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) die derzeit in Trier tagt, kennen ihre Bibel. Doch in der gesamten Gesellschaft gebe es einen „dramatischen Gedächtnisverlust in biblischen Dingen“, heißt es in einem Kundgebungsentwurf der Synode.

Vielleicht auch deshalb machte das Kirchenparlament der EKD das Thema „Bibel im kulturellen Gedächtnis“ zum Schwerpunktthema der Tagung. Biblische Bilder, Figuren und Geschichten haben Kunst und Literatur seit Jahrhunderten geprägt. Auf der Synode besichtigten die Teilnehmer die kulturellen Wurzeln der Auseinandersetzung mit der Bibel – vom frühen Mittelalter bis zu Bertolt Brecht, der die Bibel einmal als sein Buch der Bücher bezeichnet hat. Die Bibel als eine Art Weltkulturerbe also? Viele Synodale waren mit dieser Interpretation gar nicht einverstanden. Andere Religionen hätten schließlich ähnliche Bilder wie das Christentum, argumentierte der Präsident der Evangelischen Akademie zu Berlin, Robert Leicht. „Worüber wir zu reden haben, sind unsere abweichenden Antworten.“ Der Stolz auf die kulturelle Bedeutung der Bibel sei „ein Stolz der Defensive: im Felde besiegt, im Gedächtnis unbesiegt“, sagte Leicht.

Der umstrittene Kundgebungsentwurf, in dem die Bedeutung der Bibel erläutert wird, muss nun noch einmal deutlich nachgebessert werden. „Wer hätte das den Christen heute noch zugetraut: Es gibt einen Streit um die Bibel“, sagte der Theologe Michael Schibilsky.

Die Kundgebungen der Synode gelten als verbindliche Empfehlungen an die Gemeinden. Unbeantwortet blieb jedoch die Frage, wie die Kirche künftig die Botschaft der Bibel an die Öffentlichkeit bringen will. Der Kundgebungsentwurf endet lediglich mit kurzen, eingängigen Werbeslogans: „Wer die Bibel liest, wird reich“ oder „Wer die Bibel liest, hat mehr vom Leben“.

Dass die Bibel ein Konfliktstoff für die Synode werden würde – damit hatte wohl kaum jemand vorher gerechnet. Eigentlich hätte das Thema eine Art Ruhepol werden sollen in all den Personaldebatten, die die Trierer Tagung bestimmen. An diesem Dienstag wird der neue Rat der EKD gewählt und voraussichtlich auch der Ratsvorsitzende. Die 21 Kandidaten für den Rat hatten sich am Sonntagabend der Synode vorgestellt. Unterschiedlicher konnten die Bewerber kaum sein: Die eine präsentierte sich voller Engagement, die andere las mit leiser Stimme vom Papier ab. Die einen sprachen viel von ihrem Gottvertrauen, bei anderen kam Gott nicht ein einziges Mal vor. Eine Kandidatin legte ihre gesamte Biographie in die Waagschale, andere versuchten, die Synode mit einem Witz für sich zu gewinnen. Ein Thema aber verband fast alle: die Stärkung des protestantischen Profils in Deutschland. „Die Kirche muss wissen, wo sie steht“, sagte die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann. „Das sollte sie in der Öffentlichkeit auch so vertreten.“

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