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Ausserordentlicher Bundesparteitag der FDP

© ddp

Westerwelle und die FDP: Zufrieden mit dem Chef

Die FDP-Basis segnet den Koalitionsvertrag ab – aber auch kritische Worte waren zu hören. Und die schwierigsten Prüfungen kommen jetzt erst für Westerwelle und Co.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Was schwarz auf weiß geschrieben steht, das kann niemand vermissen. Und wirklich: Ein „einfaches, niedriges und gerechtes Steuersystem“ steht im schwarz-gelben Koalitionsvertrag, die Einführung eines „Bürgergeldes“ wird geprüft, das Gesundheitssystem soll reformiert und Familien entlastet werden. Kein Grund also für die Teilnehmer des FDP-Sonderparteitages, ihrem Vorsitzenden Guido Westerwelle an diesem Sonntag vorzuwerfen, er habe in den Verhandlungen mit der Union die wichtigsten liberalen Wahlversprechen nicht festschreiben können. Und dann hat der Chef ja auch noch fünf Ministerien mit FDP-Leuten besetzen können, mehr als erwartet. „Wir halten nach der Wahl, was wir vor der Wahl versprochen haben“, gibt Westerwelle im stillgelegten Hangar 2 des Flughafens Tempelhof den Ton des Tages vor. Und die Delegierten danken es ihm mit anhaltendem Applaus.

Kein Zweifel: Die FDP ist nach drei Wochen Koalitionsmarathon zufrieden mit ihrem Chef und dem Ergebnis. „Mehr war wirklich nicht rauszuholen“, fasst ein Landesliberaler die Stimmung zusammen. Das klingt sehr nüchtern nach einem 15-Prozent-Sieg bei der Bundestagswahl und dem vollmundigen Wir-krempeln-alles-um-Wahlprogramm. Aber so ist das, wenn man nach elf Jahren Opposition plötzlich im grellen Rampenlicht steht. Da wird einem urplötzlich bewusst, dass man jetzt nicht mehr über die Fehler der anderen meckern kann. Jetzt ist man selbst Zielscheibe der Kritik. Von den „Mühen der Ebene, die noch vor uns liegen“, stöhnt denn auch Wolfgang Gerhardt. Und die meisten im Saal wissen, was er meint: Ob bei der Reform des Gesundheitssystems oder bei der geplanten Steuerreform – im Koalitionsvertrag stehen die Wünsche der FDP meist in Form allgemeiner Absichtserklärungen. Und unter Finanzierungsvorbehalt. Es wird also hart, sie im Regierungsalltag durchzuboxen.

Kritik? Ja, auch kritische Worte waren zu hören an diesem Sonntag – wenn auch nur unter der Hand. So etwa, dass Westerwelle mit dem 36-jährigen Philip Rösler und dem 32-jährigen Daniel Bahr zwei sehr junge Liberale in das „Höllen-Ministerium“ für Gesundheit verpflichtet hat, in dem schon ganz andere politische Kaliber an der Lobby und der Schwierigkeit der Aufgabe gescheitert sind. Auch die Abwesenheit eines Ostdeutschen an der Spitze eines Ministeriums fiel auf. „20 Jahre nach dem Mauerfall hätten wir das jeder anderen Koalition um die Ohren gehauen“, sagt ein Ost-Liberaler.

Und dann war da noch der Fall Niebel: Westerwelle hat den Generalsekretär Dirk Niebel, der ihm jahrelang treu gedient hat, am Samstag zum Entwicklungshilfeminister ernannt, um ihn am Sonntag vor aller Augen wieder zu degradieren. Ihm sei wichtig, sagte der künftige Außenminister, dass im Entwicklungshilfeministerium „keine Neben-Außenpolitik stattfindet“.

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