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Solidaritätsaktion. Der US-Gefreite Manning sitzt im Militärgefängnis von Quantico im Bundesstaat Virginia in Haft. In der Nähe des Gefängnisses versammelten sich bereits im vergangenen Sommer Unterstützer, die seine Freilassung forderten.

© picture alliance / dpa

Wikileaks-Informant: Datenklau mit Lady Gaga

Der US-Gefreite Bradley Manning wird als Wikileaks-Informant verdächtigt. Jetzt wartet er auf seinen Prozess.

Mit der Veröffentlichung streng geheimer Depeschen aus dem amerikanischen Außenministerium ist Julian Assange zu einer der wichtigsten Medienfiguren des vergangenen Jahres geworden. In Washington versucht man verzweifelt, den Wikileaks-Gründer anzuklagen, während sich im Internet Unterstützergruppen für seine Arbeit stark machen. Einen hat man darüber fast vergessen: den US-Gefreiten Bradley Manning, der Assange die Dokumente vermittelt haben soll.

Der 23-jährige Manning steht unter dem Verdacht, während seiner Dienstzeit bei einer Kampfeinheit im Irak vertrauliche Daten von Armee-Servern heruntergeladen und an Wikileaks weitergeleitet zu haben. Manning soll im Mai 2010 einem Blogger davon berichtet haben, woraufhin er verhaftet wurde. Manning sitzt derzeit in Einzelhaft im Militärgefängnis von Quantico im US-Bundesstaat Virginia und wartet auf seinen Prozess vor dem Kriegsgericht. In der Zwischenzeit sammeln die US-Justizbehörden Material über Manning – der Gefreite gehört zu den Personen, über die ein Bundesgericht in Virginia vom Netzwerk Twitter persönliche Informationen verlangt hat.

Es spricht vieles dafür, dass Manning tatsächlich die undichte Stelle war, die Wikileaks den Scoop ermöglichte, der anschließend Regierungen und Diplomaten in aller Welt in Verlegenheit brachte. Das belegt zumindest der Schriftverkehr mit Adrian Lamo, einem Blogger und ehemaligen Hacker, von dem Manning in einer Reportage im Technologiemagazin „Wired“ gehört hatte. Manning kontaktierte Lamo und beichtete ihm wochenlang seine Tat in einem Schriftwechsel – ausführlich und in allen Details.

Während des Download-Vorganges habe er Musik gehört, meist Lady Gagas „Telephone“, und dazu mitgesungen, schrieb Manning. Das Ganze sei ein Kinderspiel gewesen, berichtete er und klagte: „Schwache Server (…), schwache Log-ins, keine physischen Sicherheitskontrollen (…), irgendwie traurig.“ Manning hat sich offensichtlich zu seiner Tat förmlich gedrängt gefühlt. „Was würdest du tun, wenn du acht Monate lang, sieben Tage die Woche, 14 Stunden am Tag Zugang zu geheimen Material hättest?“, fragte der US-Gefreite.

Wikileaks hat Manning unterdessen nie als Quelle geoutet. Doch angesichts des belastenden Materials gegen den Soldaten scheint die Sachlage klar zu sein. Die näheren Umstände seiner Haft beschreiben Unterstützer dennoch als besorgniserregend. Insidern zufolge muss Manning 23 Stunden täglich in seiner Zelle verbringen. Er dürfe sich kaum bewegen und vor allem kein körperliches Training betreiben, wird berichtet. Zwischen fünf Uhr morgens und acht Uhr abends ist ihm auch das Schlafen untersagt. Sobald er müde werde und zu schlafen versuche, bekomme er die Anweisung, sich hinzusetzen oder zu stehen, berichtete die „Los Angeles Times“. Mannings Anwalt berichtete weiter, dass sein Mandant keine Bettwäsche habe und sich nachts mit einer Decke zudecken müsse, die eher einem Teppich gleiche. Auch eine Anhörung ist Manning bisher verweigert worden.

Wikileaks-Gründer Assange hat der US-Armee bereits vorgeworfen, den Gefangenen mit der rauen Behandlung zu einem Geständnis zwingen zu wollen. Dagegen protestieren mittlerweile zahlreiche Prominente, die in Manning keinen Verräter, sondern einen Helden sehen. Unter ihnen sind der liberale Filmemacher Michael Moore und Daniel Ellsberg, der in den siebziger Jahren die „Pentagon-Papiere“ ans Licht brachte und damit offenbarte, dass die US-Präsidenten von Harry Truman bis Lyndon B. Johnson sowohl die Bevölkerung als auch den Kongress über die wahren Hintergründe des Vietnamkriegs belogen hatten.

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