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Politik: Willkommene Rückendeckung

Wenn alles gut geht, dann werden Ende des Jahres etwa 600 000 ehemalige NS-Zwangsarbeiter die erste Rate der ihnen zustehenden Entschädigung erhalten haben. Die zuständige Bundesstiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" hat sich jedenfalls vorgenommen, bis dahin den Opfern insgesamt nicht weniger als 2,5 Milliarden Mark zukommen zu lassen.

Wenn alles gut geht, dann werden Ende des Jahres etwa 600 000 ehemalige NS-Zwangsarbeiter die erste Rate der ihnen zustehenden Entschädigung erhalten haben. Die zuständige Bundesstiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" hat sich jedenfalls vorgenommen, bis dahin den Opfern insgesamt nicht weniger als 2,5 Milliarden Mark zukommen zu lassen. Bis Anfang Dezember waren es bereits 1,7 Milliarden Mark für 446 000 Berechtigte. Die kleine Truppe um den Vorstandsvorsitzenden Michael Jansen könnte sich also getrost auf die Schultern klopfen.

Doch nach ausgelassenem Feiern ist den 35 Mitarbeitern trotz der Erfolge nicht zumute. Allzu sehr ist das Bild der Stiftung in der Öffentlichkeit von Querelen geprägt: die ungeschickte Umtausch-Aktion von D-Mark in Zloty für die polnischen Zwangsarbeiter, eine damit einhergehende Anzeige gegen Jansen wegen Betrugs und Untreue sowie die Klage des Kuratoriumsmitglieds Lothar Evers und des Anwalts Michael Hausfeld gegen die US-Regierung, weil die ihre Aufsichtspflicht gegenüber der Stiftung vernachlässigt habe. Alles Vorwürfe, die dem Erscheinungsbild der noch jungen Einrichtung schaden. In so einer Situation ist es sehr willkommen, wenn ein Mann mit unbetrittender Kompetenz einiges zurechtrückt. Otto Graf Lambsdorff, erfolgreicher Verhandlungsführer des Bundeskanzlers bei den Gesprächen über die Entschädigung, tat dies am Montag. Mit gewohnt klaren Worten stellte er sich vor die Stiftung und sprach von einer eindeutig "positiven Bilanz".

In knappen Sätzen referierte Lambsdorff die bisherigen Erfolge bei der "gigantischen Aufgabe", das Geld den oft betagten und kranken Überlebenden in nicht weniger als 50 Ländern zukommen zu lassen: Ein Viertel des Stiftungsvermögens sei bereits mit der notwendigen Kontrolle ausgezahlt. Komplexe Verträge mit den Partnerorganisationen habe man ausgehandelt und humanitäre Projekte als Sofortmaßnahmen für die Opfer auf den Weg gebracht. Das alles könne sich sehr wohl sehen lassen.

Generell warnte Lambsdorff davor, den "unnötigen Auseinandersetzungen" einen zu hohen Stellenwert beizumessen. Den Klagen in den USA räumt der Kanzlerbeauftragte keine Erfolgschancen ein. Es sei der ausdrückliche Wunsch der polnischen Seite gewesen, die Entschädigung in Zloty auszuzahlen. Man könne sich deshalb nur fragen, "ob es richtig war, gleich den ganzen Betrag umzutauschen". Diese Unklarheit zwischen Polen und Deutschland sei aber keinesfalls ein gerechtfertigter Anlass für einen Prozess.

Dass sieht inzwischen auch die polnische Versöhnungsstiftung so. Seit einigen Wochen versuchen Warschaus neue Verhandlungsführer und die Bundesstiftung in vertraulichen Gesprächen, den für beide unerfreulichen Konflikt ohne Gesichtsverlust für einen der Beteiligten beizulegen. Und dem Vernehmen nach ist eine Lösung noch in diesem Jahr durchaus möglich.

Das wäre auch in Lambsdorff Sinne. Denn allzu lange will er offenkundig nicht mehr des Bundeskanzlers Beauftragter in Sachen Zwangsarbeiter-Entschädigung sein. Im Juni hatte er Gerhard Schröder schon einmal gebeten, ihn von seiner Aufgabe zu entbinden. Erfolglos. Am Montag kündigte der fast 75-Jährige an: "Ich werde bald einen neuen Anlauf nehmen." Wann genau, das ließ er offen.

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