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© dpa

Wirtschaftswachstum: Merkel verspricht Bürgern finanzielle Entlastung

Steuererleichterung oder nicht? Innerhalb der CDU/CSU-Fraktion ist darüber ein offener Streit ausgebrochen. Die Bundeskanzlerin meldet sich nun aus der Ferne von ihrer Lateinamerikareise und stellt den Menschen in Deutschland Entlastungen im kommenden Jahr in Aussicht.

Nach dem überraschend starken Wirtschaftswachstum hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Bürgern Entlastungen in den kommenden Jahren in Aussicht gestellt. Das Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushalts im Jahr 2011 solle weiter erreicht werden, sagte Merkel während ihrer Lateinamerika-Reise am Rande eines Besuchs des VW-Werks in Sao Paulo. Zugleich betonte sie aber: "Wir werden alles, was wir den Menschen zurückgeben können, natürlich auch zurückgeben - so schnell das möglich ist". Es dürfe allerdings auch nicht auf Kosten der Zukunft gelebt werden.

Angesichts der Wachstumszahlen verschärft sich der Streit in der Union über Steuersenkungen. Vertreter des Mittelstands- und des Arbeitnehmerflügels der CDU/CSU-Fraktion pochen ungeachtet aller Spar-Appelle von Merkel weiter auf Steuerentlastungen bereits im nächsten Jahr. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) wies den Vorstoß umgehend zurück. Merkel sagte, die Bundesregierung werde über das Jahr die Entwicklung beobachten. Wachstum bedeute auch mehr Steuereinnahmen. Das Ziel der Haushaltskonsolidierung solle erfüllt werden, "so wie wir uns das vorgenommen haben". Aber auch eine Entlastung der Bürger solle so rasch wie möglich angegangen werden.

Die deutsche Wirtschaft ist in den ersten drei Monaten so stark gewachsen wie seit zwölf Jahren nicht mehr. Das Bruttoinlandsprodukt legte um real 1,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal zu. Auch bei den Steuereinnahmen wurde im April erneut ein kräftiges Plus verbucht.

Flügel von CDU/CSU fordern Steuererleichterungen

Die Vorsitzenden der Arbeitnehmergruppe sowie des Parlamentskreises Mittelstand, Gerald Weiß und Michael Fuchs (beide CDU), fordern schon zum 1. Januar 2009 einen höheren Grundfreibetrag. Ferner soll der Einkommensteuertarif an die Inflationsrate angepasst werden. So sollen heimliche Steuererhöhungen eingedämmt werden. Die ergeben sich im Zuge der sogenannten kalten Progression, bei der mit jeder Lohnerhöhung auch der Einkommensteuersatz automatisch steigt.

Fuchs und Weiß vertreten große Teile der Unions-Fraktion im Bundestag. Ihr Vorstoß steht im Gegensatz zur bisherigen Linie von CDU-Chefin Merkel und der Fraktionsspitze. Sie lehnen - wie auch Haushaltspolitiker der Union und Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) - Steuersenkungen schon im Wahljahr 2009 ab. Sie wollen zunächst einen ausgeglichenen Bundeshaushalt ohne neue Schulden erreichen und so Spielraum für Entlastungen schaffen. Die SPD favorisiert eher niedrigere Sozialabgaben statt Steuersenkungen. Auch in der Union werden niedrigere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gefordert.

Kauder sagte der "Bild"-Zeitung: "Am Ziel, dass wir keine neuen Schulden machen, müssen wir auch im Interesse unserer Kinder festhalten." Spielraum für Steuersenkungen gebe es erst in der nächsten Wahlperiode. SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider forderte die Union auf, zu klären, ob sie noch zur Geschäftsgrundlage der Koalition steht. "Entweder Merkel setzt sich durch oder die CSU. Die Führungskraft der Kanzlerin in ihrer eigenen Partei und Fraktion ist infrage gestellt." Die Union könne nicht Erfolge der Konsolidierung beanspruchen und gleichzeitig jedermann Steuersenkungen versprechen.

Bundesbürger zur Frage von Steuersenkungen uneinig

"Wir alle erleben in unseren Wahlkreisen, dass die Unzufriedenheit gerade der Menschen in den unteren und mittleren Einkommensbereichen bedenklich zugenommen hat", heißt es in dem Brief von Weiß und Fuchs. "Für diesen Personenkreis, der für uns ein wichtiges Wählerpotenzial darstellt, nimmt die Attraktivität der Linken zu." Es solle nicht nur aus wahltaktischen Gründen gegengesteuert werden.

Laut Umfrage von Infratest dimap im Auftrag der ARD sind die Bürger bei der Frage Steuersenkungen oder Haushaltssanierung gespalten: Je 42 Prozent würden eine Partei bevorzugen, die sich zuerst für niedrigere Steuern oder aber für einen ausgeglichenen Haushalt einsetzt. Mehr als drei Viertel meinen, dass die CSU Steuersenkungen nur wegen der Landtagswahl im September fordere. (ut/dpa)

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