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Flüchtlinge auf dem Flughafen der zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui. Nach UN-Angaben sind eine Million der knapp vier Millionen Einwohner des Landes geflüchtet.

© Reuters

Zentralafrikanische Republik: Machthaber erklärt Chaos für beendet

Gewalt in dem zerrütteten Land geht weiter. Christliche und muslimische Milizen töten, plündern und vertreiben Zivilisten. Es gibt Berichte über Kannibalismus.

Der Interimspräsident der Zentralafrikanischen Republik, Alexandre- Ferdinand Nguendet, hat die „Anarchie“ in seinem Land für beendet erklärt. „Das Chaos ist beendet, die Plünderungen sind beendet, die Ausschreitungen sind beendet“, zitiert ihn die Nachrichtenagentur AFP. Er habe den Regierungstruppen und der Polizei die Anweisung gegeben, auf „Unruhestifter“ scharf zu schießen.

Tausende Polizisten sollen sich nach dem Rücktritt des ersten muslimischen Präsidenten des Landes, Michel Djotodia, am vergangenen Freitag wieder zum Dienst gemeldet haben. Dennoch haben die Attacken der Séléka-Milizionäre, die Djotodia im März 2013 an die Macht gebracht hatten, und der christlichen Gegenmiliz Anti-Balaka gegen die Zivilbevölkerung der jeweils anderen Religion nicht aufgehört. Allein am Wochenende sind nach Angaben des Roten Kreuzes fast 130 Menschen getötet worden.

Interimpräsident Alexandre-Ferdinand Nguendet hat Polizei und Armee angewiesen, "Unruhestifter" zu erschießen.
Interimpräsident Alexandre-Ferdinand Nguendet hat Polizei und Armee angewiesen, "Unruhestifter" zu erschießen.

© AFP

Djotodia war am Freitag bei einer Regionalkonferenz im Tschad zum Rücktritt gezwungen worden und am Tag darauf ins westafrikanische Benin geflohen. Nguendet soll zunächst zwei Wochen im Amt bleiben. Bis dahin soll das Parlament einen neuen Präsidenten und einen neuen Premierminister wählen. Aber offenbar sieht er sich durchaus auch selbst als Kandidaten für das Präsidentenamt. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind seit der Absetzung des ehemaligen Präsidenten Francois Bozizé vor einem knappen Jahr rund 1000 Menschen getötet und eine Million der knapp vier Millionen Einwohner vertrieben worden.

Seit Dezember versuchen französische Soldaten Zivilisten zu schützen

Seit Dezember versuchen französische Soldaten gemeinsam mit einer Friedenstruppe der Afrikanischen Union, das Morden zu beenden – bisher ohne größeren Erfolg. Französische Soldaten haben zwar zu Beginn ihres Einsatzes damit begonnen, die muslimischen Séléka-Milizen zu entwaffnen, doch die christlichen Anti-Balaka-Milizen nutzten die Gelegenheit, diese entwaffneten Männer und ihre Familien niederzumetzeln. Seit Wochen berichten Augenzeugen zudem von kannibalistischen Akten. Der britische Sender BBC hat inzwischen ein Interview mit einem christlichen Milizionär gesendet, der sagt, er habe in einem Furor das Bein eines muslimischen Milizionärs gegessen, nachdem er ihn getötet hatte. Teile seiner Familie seien zuvor von muslimischen Milizionären brutal ermordet worden.

Das UN-Menschenrechtskommissariat berichtet unterdessen, dass nicht nur muslimische und christliche Milizen in den vergangenen Monaten schwere Menschenrechtsverbrechen begangen haben, sondern dass auch Soldaten aus dem benachbarten Tschad an Massakern beteiligt oder dafür verantwortlich sein sollen. Djotodia ist mithilfe des Tschad in der Zentralafrikanischen Republik an die Macht gekommen. Die muslimische Minderheit im Norden des Landes fühlt sich seit Jahrzehnten von den Geldströmen in und aus der Hauptstadt Bangui abgeschnitten und hat mehrfach rebelliert. Da die Staatskasse aber leer war, sahen sich die muslimischen Milizionäre auch nach dem Putsch um den Ertrag betrogen. Das Land ist reich an Ressourcen, doch die Wirtschaft liegt am Boden. Seit der Unabhängigkeit 1960 haben sich in der Zentralafrikanischen Republik acht Putsche ereignet.

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