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Israelreise: Zentralrat der Juden entsetzt über Bischofs-Äußerungen

Äußerungen katholischer Bischöfe zum Nahost-Konflikt haben massive Kritik und Antisemitismus-Vorwürfe bei Juden in Deutschland ausgelöst. Die Deutsche Bischofskonferenz wies die Kritik zurück.

Berlin - "Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr", sagte der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Wer die Lage der Palästinenser "mit dem Leiden der Juden in den Ghettos der Nazis gleichsetzt, der hat aus der Geschichte nichts gelernt. Diese Äußerung hat antisemitischen Charakter". Israels Botschafter in Berlin, Schimon Stein, reagierte mit "Entsetzen und Empörung" auf die von mehreren Medien zitierten Äußerungen. Die Deutsche Bischofskonferenz wies die Kritik an ihrer Haltung beim Besuch in Israel zurück und nannte als Ursache für die Äußerungen einiger Bischöfe "emotionale Betroffenheit".

Der Besuch der Bischöfe in Israel und in den palästinensischen Gebieten sei "durchgängig von einer hohen Sensibilität für die Belange beider Konfliktparteien" bestimmt gewesen, erklärte der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Hans Langendörfer. Beim Besuch in Bethlehem seien "aus der emotionalen Betroffenheit Einzelner heraus einige wenige sehr persönliche Bemerkungen gefallen, die bereits selbstkritisch richtig gestellt wurden". Dies gelte vor allem für eine Nebenbemerkung, die auf das Warschauer Ghetto anspielte. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, habe die Haltung der deutschen Bischöfe in der Gedenkstätte Yad Vashem und in seiner Abschluss-Presseerklärung verbindlich zum Ausdruck gebracht.

Stein: "moralisch versagt"

Die Verärgerung der Juden bezieht sich vor allem auf Äußerungen des Eichstätter Bischofs Gregor Maria Hanke. Laut "Süddeutscher Zeitung" (SZ) und anderer Blätter hatte er vor Journalisten gesagt: "Morgens in Jad Vashem die Fotos vom unmenschlichen Warschauer Ghetto, abends fahren wir ins Ghetto in Rhamallah. Da geht einem doch der Deckel hoch." Dazu sagte Hanke, er habe "seine persönliche Betroffenheit artikuliert". Der unmittelbare Eindruck der Situation sei "erschütternd" gewesen. "Vergleiche zwischen den Geschehnissen des Holocaust und der gegenwärtigen Situation in Palästina sind nicht annehmbar und waren auch nicht beabsichtigt", sagte Hanke.

Botschafter Stein erklärte, wenn man Begriffe wie "Warschauer Ghetto" oder "Rassismus" im Zusammenhang mit israelischer beziehungsweise palästinensischer Politik benutze, "dann hat man alles vergessen oder nichts gelernt und moralisch versagt". Er warf den Bischöfen sogar "Demagogie" vor. Sie hätten mit ihren Äußerungen nicht zu Aussöhnung und Frieden beigetragen, sondern das Gegenteil erzeugt. Graumann vom Zentralrat sagte, der Vergleich zeuge von dem judenfeindlichen Versuch, mit Hinweis auf Verbrechen der Nachfahren der Opfer die Taten der Nazis zu relativieren.

Mixa: Mauerbau stellt gewisse Provokation dar

Die Bischofskonferenz wies Steins Vorwürfe zurück. Lehmann habe auf der Reise stets das Existenzrecht des Staates Israels unterstrichen und auf die Bedrohung seiner Einwohner durch den Terrorismus hingewiesen. "Es kann deshalb keine Rede davon sein, die deutschen Bischöfe hätten bei ihrem Aufenthalt vor Ort eine Seite des Konflikts dämonisiert und doppelte Maßstäbe angelegt. Das Gegenteil ist richtig", hieß es.

Neben Hanke hatten auch andere Bischöfe ihre Betroffenheit zum Ausdruck gebracht. Der Augsburger Bischof Walter Mixa sprach angesichts der prekären Lage der Palästinenser laut "Frankfurter Rundschau" von einer "Ghettoisierung" mit beinahe rassistischen Zügen. Mixa sagte dazu, er habe seine Sorge über die Zukunft des Friedensprozesses geäußert, "und dass der Mauerbau zwischen Israel und den palästinensischen Autonomiegebieten sowie die zahlreichen Siedlungsbauten aus der Sicht der palästinensischen Bevölkerung eine gewisse Provokation darstellen".

Meisner widerspricht der FAZ

Der Kölner Kardinal Joachim Meisner dementierte ein ihm zugeschriebenes Zitat in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ). Die FAZ zitierte ihn mit den Worten: "So etwas macht man mit Tieren, nicht mit Menschen." Dazu sagte sein Sprecher Christoph Heckeley: "Er kann das so nicht bestätigen." Meisner habe aber gesagt: "Dass ich so was in meinem Leben noch mal sehen muss, das hätte ich nicht gedacht." Zudem habe er prophezeit: "Diese Mauer wird fallen wie die Berliner Mauer auch."

Die Geistlichen hatten während einer einwöchigen Pilgerreise durchs Heilige Land unter anderem die Holocaust-Gedenkstätte Jad Vashem in Jerusalem und auch Ramallah im Westjordanland besucht. Dort informierten sie sich über die von Israel errichtete Trennmauer entlang der Palästinensergebiete. (tso/dpa)

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